Letzte Urteile im Betrugsprozess um «Gorch Fock»-Werft

Am Landgericht Oldenburg fiel das vorerst letzte Urteil im Skandal um die ehemalige «Gorch Fock»-Werft. (Archivfoto)
Am Landgericht Oldenburg fiel das vorerst letzte Urteil im Skandal um die ehemalige «Gorch Fock»-Werft. (Archivfoto) Foto: Sina Schuldt/dpa

Oldenburg (dpa) – Die juristische Aufarbeitung der Skandale rund um die Elsflether Werft kommt zu einem Ende. Das Landgericht Oldenburg verurteilte einen Ex-Vorstand zu vier Jahren Haft. Eine ehemalige Prokuristin bekam ein Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung. «Das waren erst einmal die letzten Urteile», sagte eine Gerichtssprecherin. Die Elsflether Werft bei Bremen war unter anderem mit der Instandsetzung des Schulungsschiffs «Gorch Fock» beauftragt.

Mammutprozess endet nach Verständigung

Die Liste der Vorwürfe gegen den früheren Vorstand der Werft sind lang: Er stand wegen Untreue und Betrugs in besonders schwerem Fall vor Gericht. Aber auch wegen unerlaubten Betreibens von Bankgeschäften, Insolvenzverschleppung, Verletzung der Buchführungspflichten und Vorteilsnahme. Das Gericht hatte nach eigenen Angaben keine Zweifel und verurteilte den 55-Jährigen in allen Punkten.

Auch die ehemalige Prokuristin sei schuldig, urteilte das Gericht. Sie habe unerlaubt Bankgeschäfte betrieben beziehungsweise dabei geholfen. Die 32-Jährige kommt mit einer Bewährungsstrafe davon. Die Strafen beruhen alle auf einer Verständigung, wie die Gerichtssprecherin erklärte. Beide Angeklagte legten ein Geständnis ab. Nur so konnte der Mammutprozess deutlich eingedampft werden. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Ermittler: Kosten für Sanierung der «Gorch Fock» mehr als verdreizehnfacht

Die Ermittlungen rund um die Elsflether Werft laufen seit Dezember 2018. Die Deutsche Marine hatte die Werft mit der Instandsetzung mehrerer Schiffe und Boote beauftragt – unter anderem mit der Sanierung des Marineschulschiffs «Gorch Fock». 

Die Arbeiten an der «Gorch Fock» begannen im Januar 2016. Innerhalb von rund vier Monaten sollte der Dreimaster ertüchtigt werden. Es dauerte aber mehr als fünfeinhalb Jahre, bis die Marine das Segelschiff zurückbekam. Die Bremer Lürssen-Werft stellte die «Gorch Fock» letztlich fertig. Die Kosten stiegen den Ermittlern zufolge von 9,6 Millionen Euro auf 135 Millionen Euro. Das damals von Ursula von der Leyen (CDU) geführte Bundesverteidigungsministerium räumte erhebliche Fehler ein.

Ungereimtheiten bei der Elsflether Werft fielen auf, 2019 meldete das Unternehmen Insolvenz an und wurde verkauft. Die Ermittler durchleuchteten das Beziehungsgeflecht zwischen der Werft, Subunternehmern in der Region und der Marine. Eine eigens eingerichtete Sonderkommission «Wasser» wertete mehr als 14 Terabyte Daten und 1450 Aktenordner aus. Bei der Staatsanwaltschaft Osnabrück waren bis zu vier Staatsanwälte und eine Wirtschaftsreferentin zeitgleich mit dem Verfahren befasst.

Systematisch falsche Rechnungen und Gutschriften 

Der Betrugs- und Korruptionsprozess startete im April und sollte den Skandal um die Reparaturkosten für die «Gorch Fock» sowie zehn weitere Instandsetzungsprojekte aufklären. In dem Verfahren ging es unter anderem um Korruption, Betrug, Untreue und Bestechlichkeit. 

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wurden im Namen der Werft systematisch fehlerhafte Abrechnungen für die Leistungen der Subunternehmer an das Marinearsenal in Wilhelmshaven erstellt und weitergegeben. Dabei habe die Werft von den Subunternehmern Preisnachlässe von rund 15 Prozent in Form von Gutschriften eingefordert – diese seien aber nicht an das Marinearsenal weitergegeben worden. Laut Anklage beziffert sich der Gesamtschaden auf rund 7,2 Millionen Euro – davon entfallen lediglich 250 000 Euro auf die «Gorch Fock».

Ein Verfahren abgetrennt, ein Verfahren vorerst eingestellt

Ursprünglich standen sechs Angeklagte vor Gericht: zwei Ex-Vorstände, eine Prokuristin, ein Kostenprüfer des Marinearsenals, ein Ex-Chef eines früheren Subunternehmens und eine frühere Angestellte dieser Firma. Ein Verfahren gegen einen weiteren Mann trennte das Gericht noch vor Prozessbeginn ab, weil er krank ist. Am Ende standen nur noch ein Ex-Vorstand und die ehemalige Prokuristin vor Gericht. 

Das Landgericht hatte im Laufe des Prozesses ein Verfahren nach Geständnissen und einer Verständigung abgetrennt. Der Prozess gegen zwei Männer und eine Frau endete im Mai. Ein ehemaliger Kostenprüfer der Bundeswehr wurde zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung wegen Vorteilsnahme verurteilt. Die beiden anderen Angeklagten mussten eine Geldstrafe zahlen. 

Anfang August trennte das Landgericht ein weiteres Verfahren gegen einen der beiden Ex-Vorstände ab. Der Angeklagte sei wegen psychischer Probleme nicht verhandlungsfähig, teilte das Gericht damals mit. Die zuständige Kammer überprüft regelmäßig, ob und wann gegen den ehemaligen Vorstand wieder verhandelt werden kann. Das Verfahren ist nach Angaben des Gerichts bis heute vorläufig eingestellt.