Austernriffe als Wellenbrecher und Küstenschutz

Wissenschaftler untersuchen Riffe pazifischer Austern - und hoffen, dass diese Riffe dem Meeresspiegelanstieg in der Nordsee standhalten. (Archivbild)
Wissenschaftler untersuchen Riffe pazifischer Austern - und hoffen, dass diese Riffe dem Meeresspiegelanstieg in der Nordsee standhalten. (Archivbild) Foto: Marcus Brandt/dpa

Wilhelmshaven (dpa) – Wissenschaftler hoffen auf Riffe der Pazifischen Auster als Wellenbrecher und damit als Schutz vor dem erwarteten Meeresspiegelanstieg der Nordsee. Die nichtheimische Muschelart habe die Miesmuschelbänke in der Nordsee fast völlig durch Riffe ersetzt, die zum Küstenschutz beitragen könnten, teilte das Forschungsinstitut Senckenberg am Meer mit. Forscher des Instituts sowie der Universitäten Braunschweig und Hannover hätten die Wachstumsraten untersucht. Demnach könnten die Riffe mit einem mittleren Wachstum von bis zu 19,8 Millimetern pro Jahr dem Anstieg des Meeresspiegels standhalten. Das hänge aber von Witterungsbedingungen und der Zahl der Austern ab.

Die Nordsee sei anfällig für Sturmfluten, teilten die Forscher mit. Der steigende Meeresspiegel erhöhe das Risiko von Überschwemmungen und Erosion entlang der Küste. Vor allem das Wattenmeer stehe unter Druck. Projektionen sagten bis zum Jahr 2100 einen Anstieg der Lufttemperatur zwischen 0,9 und 4,8 Grad Celsius voraus, eine Steigerung der Wassertemperatur sei in einer ähnlichen Größenordnung zu erwarten, sagte Kai Pfennings, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Senckenberg am Meer in Wilhelmshaven. «Diese Erwärmung begünstigt auch die Verbreitung nichtheimischer Arten.»

Auster verbreitet sich unkontrolliert

Die Wissenschaftler untersuchten die Auswirkungen eines steigenden Meeresspiegels auf Riffstrukturen der Pazifischen Auster (Magallana gigas). Diese sei Mitte des vergangenen Jahrhunderts für Aquakulturen in die Nordsee eingeführt worden und habe sich unkontrolliert verbreitet. Fast alle Miesmuschelbänke im Wattenmeer seien in Austernriffe umgewandelt.

Die riesigen Riffstrukturen von bis zu 22 Hektar und das Vorkommen in der Nordsee seien «ein Paradebeispiel» dafür, wie das unbedachte Einbringen einer nichtheimischen Art ganze Ökosysteme verändern könne, sagte Pfennings. «Dennoch dienen die Austernriffe heute für eine Vielzahl von Tieren als Habitat, so auch der heimischen Miesmuschel; sie sind Fischkinderstube und Schadstoffsenke. Zudem könnten die Riffe für den Küstenschutz nützlich sein.» Mit ihrer hohen Widerstandsfähigkeit dienten sie als natürliche Wellenbrecher.

Riffwachstum könnte Anstieg des Meeresspiegels standhalten

Halbjährlich in einem Zeitraum von drei Jahren untersucht wurden zwei Austernriffe – das Kaiserbalje-Riff und das Nordland-Riff im Wattenmeer. «Unsere Ergebnisse legen nahe, dass die Riffwachstumsraten dem lokalen Meeresspiegelanstieg standhalten könnten – ähnlich wie bei Austernriffen an der US-Ostküste und in der südlichen Nordsee», sagte der Meeresforscher. «Das mittlere Riffwachstum liegt bei 19,8 Millimetern pro Jahr am Kaiserbalje-Riff und jährlich 17,5 Millimetern am Nordland-Riff.»

Pfennings betonte, die Ergebnisse könnten dazu beitragen, besser zu verstehen, wie sich die Riffe angesichts von Meeresspiegelanstieg und Klimawandel verhalten: «Auch vor dem Hintergrund eines effektiven und natürlichen Schutzes der Küste.»