EINE STADT WIRD BUNT
Hamburg Graffiti History 1980-1999
Eine Ausstellung im Museum für Hamburgische Geschichte
von 2. November 2022 bis 31. Juli 2023
Im Jahr seines 100-jährigen Jubiläums präsentiert das Museum für Hamburgische Geschichte mit der Ausstellung „EINE STADT WIRD BUNT“ einen besonderen Einblick in eines der spannendsten Kapitel der jüngeren Kulturgeschichte der Stadt.
Anfang der 1980er-Jahre begann das Hamburger Stadtbild sich schleichend zu verändern. Urheber des Wandels waren jedoch keine Stadtplaner – sondern Graffiti-Writer: Inspiriert von Filmen wie „Wild Style“ oder „Beat Street“ zogen sie nachts mit Sprühdosen durch die Stadt und hinterließen bunte Bilder, Zeichen oder Schriftzüge an Wänden, Brücken und Bahnwaggons. Im Laufe der Zeit verwandelte sich das graue, von Nachkriegsarchitektur geprägte Hamburg in eine bunte und diverse Stadt, die bald – neben Paris, Amsterdam oder München – zu einem der Epizentren der Graffiti- und Hip-Hop-Szene in Europa wurde.
Die Ausstellung „EINE STADT WIRD BUNT. Hamburg Graffiti History 1980-1999“, die vom 2. November 2022 bis zum 31. Juli 2023 im Museum für Hamburgische Geschichte zu sehen ist, erzählt nun die Entstehungsgeschichte dieser Jugend- und Subkultur in Hamburg. Fast 500 Exponate, darunter Fotos, Texte, Skizzenbücher, Sprühdosen, Zeitungen, Magazine, Schallplatten und Accessoires haben die Kuratoren Oliver Nebel, Frank Petering, Mirko Reisser und Andreas Timm zusammengestellt. Bei der Recherche konnten die vier an ihr vergangenes Gemeinschaftswerk anknüpfen: Sie sind die Herausgeber des 2021 erschienenen opulenten, reich bebilderten Bands „EINE STADT WIRD BUNT“, von dem die Ausstellung ihren Titel übernommen hat. Wie bereits das Buch, so schlägt auch die Ausstellung den historischen Bogen
von der Errichtung einer neuen Stadt-Topografie nach dem Zweiten Weltkrieg über die Punkund Protestkultur der 1980er Jahre bis zur Entstehung einer wachsenden Graffitiszene.
Detailreich zeichnet die Ausstellung nach, wie die US-amerikanische Hip-Hop-Kultur in Hamburg heimisch wurde. Zahlreiche, teils großformatige Fotografien zeigen, wie Hamburgs GraffitiPioniere die Wände der Stadt eroberten. Filmplakate, Konzertkarten sowie Artikel aus Zeitschriften wie „Stern“ oder „Bravo“ und andere Schriftstücke illustrieren die wichtige Rolle von Medien, die Bedeutung der Musik- und Breakdance-Szene und die Relevanz von Jugendhäusern und des Kulturbetriebs für die Entwicklung der gesamten Subkultur.
Ob Flyer, Audiokassette oder Schallplatte: Manche Exponate sehen vielleicht auf den ersten Blick aus wie profane Alltagsgegenstände aus einer längst vergangenen Zeit. Im Kontext der Geschichte, die die Ausstellung erzählt, wird aber schnell deutlich, dass quasi jeder Schnipsel, der mit Hip-Hop und Graffiti zu tun hatte, seinerzeit wie ein Schatz gehütet wurde. Im Zeitalter vor dem Internet waren Informationen über die Subkultur Mangelware, die Zugehörigkeit zur Szene kam der Mitgliedschaft in einem Geheimbund gleich.
Mit Arbeitsmitteln der GraffitiWriter wie Sprühdosen, Markern, Vierkantschlüsseln oder Bolzenschneider aber auch über szenetypische Accessoires wie Namebelts, Sneakers oder Baseballjacken mit aufwendig gestalteten „Backpieces“ sowie mit legendären Schallplatten gibt die Ausstellung einen tiefen Einblick in die Anfänge der Hip-Hop-Kultur in Hamburg überhaupt, nimmt also neben dem Graffiti-Writing auch das MCing, das DJing und das Breaking in den Blick.
Zu den Highlights der Ausstellung gehören die historischen S-Bahn-Sitze, auf denen die Besucherinnen und Besucher Platz nehmen können – wie ein Graffiti-Writer in den 1980er Jahren. Über dem Eingang in die Musik-Sektion der Ausstellung steht in großen Lettern „Powerhouse“ – bei dieser Installation handelt es sich um den Original-Schriftzug, der einst den Eingang eines legendären Hip-HopClubs auf St. Pauli schmückte. Ein weiterer Höhepunkt ist das originalgetreu rekonstruierte Zimmer eines fiktiven Hamburger Jugendlichen, der in den 1980er Jahren zum Sprüher wurde.
Der biografische Bruch, der sich hier im Übergang von Kindheit zu Jugend vollzieht, lässt sich an zahlreichen Details im Raum ablesen: Neben der Sammlung leerer Coladosen, die damals viele Jugendzimmer schmückte, stehen plötzlich bunte Sprühdosen der Marke Sparvar.
App zur Ausstellung
Begleitend zur Ausstellung wird die Multimedia-Smartphone-App „UNSERE STADT WIRD BUNT“ entwickelt, mit der die Stadt auf den Spuren der Subkultur erkundet werden kann. Das interaktive Tool wird an Orte in Hamburg führen, die einst für die Szene relevant waren – wie die Jungfernstieg-Corner, der Sprüher-Treffpunkt Königsstraße oder das Gymnasium Altona, dessen Turnhallenwand einst eine berühmte Graffiti-Galerie war. Mithilfe einer AugmentedReality-Anwendung können die Userinnen und User an historischen Schauplätzen einen Blick in die Vergangenheit des jeweiligen Ortes werfen – und den Rundgang über das Museum hinaus in jenen Raum verlängern, in dem Graffiti zu Hause ist: die Stadt. Weitere Informationen zur App unter: https://shmh.de/de/eswb oder https://einestadtwirdbunt.de/
Katalog zur Ausstellung
Zur Eröffnung wird ein eigener Katalog mit vielen Abbildungen, den Fotos, Objekten und Texten der Ausstellung erscheinen, der im Museumsshop und im Buchhandel zu erwerben ist. Paperback, 144 Seiten, 20 x 26 cm, 19,80 Euro, ISBN 978-3-9824951-0-1
Museum für Hamburgische Geschichte
https://shmh.de/de/museum-fuer-hamburgische-geschichte
Holstenwall 24, 20355 Hamburg (Große Wallanlagen)
Telefon: 040 428132100
Das Museum für Hamburgische Geschichte wurde 1908 gegründet und von 1914 bis 1918 nach Plänen von Fritz Schumacher am Holstenwall in der Hamburger Neustadt errichtet.