SPD verteidigt in Hamburg Platz eins

Die SPD ist bei der Bundestagswahl in Hamburg stärkste Kraft geworden.
Die SPD ist bei der Bundestagswahl in Hamburg stärkste Kraft geworden. Foto: Jonas Walzberg/dpa

Hamburg (dpa/lno) – Die SPD ist bei der Bundestagswahl in Hamburg, der Heimatstadt von Kanzler Olaf Scholz, erneut stärkste Kraft geworden. Sie sei trotz Verlusten im Vergleich zur Wahl 2021 auf 22,7 Prozent gekommen, erläuterte Landeswahlleiter Oliver Rudolf das vorläufige Ergebnis. Die CDU konnte sich vor die Grünen auf Platz zwei schieben, blieb mit 20,7 Prozent aber unter dem Bundesschnitt. 

Bereits in einer Woche sind Hamburgs Bürgerinnen und Bürger erneut an die Wahlurnen gerufen. Dann geht es um die Hamburgische Bürgerschaft. Es ist die einzige Wahl auf Landesebene in diesem Jahr.

Die Grünen schafften bei der Bundestagswahl in Hamburg 19,3 Prozent – nach 24,9 Prozent vor vier Jahren. Die Linken wiederum konnten ihre Stimmen mehr als verdoppeln von 6,7 auf 14,4 Prozent. Gleiches gelang der AfD, die ihr Ergebnis von 5,0 auf 10,9 Prozent verbesserte. Die FDP kam auf 4,5, das BSW auf 4,0 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag den Angaben zufolge bei 80,8 Prozent.

SPD setzt sich gegen Bundestrend in Hamburg durch

In ganz Deutschland lagen die Sozialdemokraten Hochrechnungen von ARD und ZDF zufolge lediglich zwischen 16,4 und 16,5 Prozent – das wäre das schlechteste Ergebnis, das die SPD jemals bei einer Bundestagswahl erreicht hat. Die Union mit ihrem Spitzenkandidaten Friedrich Merz (CDU) kommt dagegen den Hochrechnungen zufolge auf 28,5 Prozent.

Obwohl die CDU in Hamburg deutlich hinter dem Bundesergebnis liegt, sieht sich der CDU-Spitzenkandidat für die Bürgerschaftswahl, Dennis Thering, gestärkt. «Ich freue mich, dass uns der heutige Wahlsieger und zukünftige Bundeskanzler Friedrich Merz am kommenden Freitag bei unserem Wahlkampfabschluss unterstützen wird», sagte der CDU-Fraktions- und Parteivorsitzende. Für Hamburg werde es einen echten Mehrwert haben, wenn auch hier die CDU mitregiere. 

Kanzleramtsminister: Bitterer Tag für die SPD in Deutschland 

Der Spitzenkandidat der Hamburger SPD für die Bundestagswahl, Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt, sprach von einem «bitteren Tag für die SPD in Deutschland». «Es ist eine sehr schwere Niederlage. Ich bin ebenso enttäuscht über die Verluste überall im Land wie alle Mitglieder der SPD», sagte er. Später musste er auch seine Niederlage im Kampf um das Direktmandat in Eimsbüttel einräumen. 

Schmidt gratulierte dem früheren Hamburger Justizsenator Till Steffen von den Grünen, der das Eimsbütteler Direktmandat bereits 2021 geholt hatte. Da der Kanzleramtsminister auch auf Platz eins der SPD-Landesliste kandidiert hatte, durfte er sich weiter Hoffnungen machen, erstmals ein Parlamentsmandat zu erringen. 

Schmidt gratulierte auch der Union und ihrem Kanzlerkandidaten Merz zum Wahlsieg. «Deutschland weiter gut durch diese schwierige Zeit zu steuern, wird nun Aufgabe für Herrn Merz sein. Er hat den Regierungsauftrag im Bund.» 

Dass mit der AfD eine in Teilen offen rechtsextreme Partei vermutlich vor der SPD liege, sei ein schwerer Schlag. Aus Protest gegen das AfD-Ergebnis versammelten sich nach Polizeiangaben am Abend vor der Parteizentrale der AfD in der Hamburger Schmiedestraße 40 bis 60 Demonstranten.

Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) sagte: «Insgesamt erfüllt mich der Ausgang der Bundestagswahl mit großer Sorge.» Die politische Mitte Deutschlands sei geschwächt, die Rechtsextremen seien stark wie nie. Auf Merz komme jetzt die historische Aufgabe zu, das Land wieder zu einen, anstatt es weiter zu spalten. Das Hamburger Grünen-Ergebnis nannte die Bürgermeisterkandidatin großartig, sei es doch das beste Grünen-Landesergebnis in ganz Deutschland. 

Kirchen in Sorge – loben aber hohe Wahlbeteiligung

Die Landesbischöfin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland, Kristina Kühnbaum-Schmidt, sagte mit Blick auf die Wahlergebnisse, wer das Fundament des Glaubens und der Demokratie infrage stelle, der stelle sich gegen das, «was uns als Gemeinschaft zusammenhält». Sie ermutige alle, sich weiterhin für ein Miteinander einzusetzen, das von Respekt, Solidarität und Achtung der Menschenwürde geprägt sei. 

Hamburgs Erzbischof Stefan Heße erklärte, er wünsche sich eine Regierung, die die Zukunftsthemen wie Wirtschaft, Umwelt und Leben in Würde mutig angehe. «Aus meiner christlichen Perspektive müssen soziale Gerechtigkeit und die Integration der Menschen, die zu uns kommen, einen festen Platz auf der politischen Agenda haben.» Sowohl Kühnbaum-Schmidt als auch Heße lobten die hohe Wahlbeteiligung von mehr als 80 Prozent. «Es zeigt, dass das Interesse am politischen Geschehen gewachsen ist», sagte Heße.

Zwölf Parteien mit Landeslisten standen zur Wahl

Insgesamt waren knapp 1,3 Millionen Hamburgerinnen und Hamburger zur Bundestagswahl aufgerufen. In der Hansestadt standen zwölf Parteien mit ihren Landeslisten auf den Wahlzetteln. In den sechs Wahlkreisen – Mitte, Altona, Eimsbüttel, Nord, Wandsbek und Bergedorf/Harburg – traten insgesamt 49 Kandidaten von neun verschiedenen Parteien an. 

Drei von sechs Hamburger Wahlkreisen gingen nach Erststimmen an die SPD – einer weniger als vor vier Jahren. In Nord holte der CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph Ploß mehr Stimmen als die bisherige Direktkandidatin Dorothee Martin. 

In Wandsbek, Mitte und Bergedorf/Harburg gingen die meisten Stimmen erneut an Aydan Özoğuz, Falko Droßmann und Metin Hakverdi von der SPD, die dort auch bei der Wahl vor vier Jahren schon die Direktmandate gewonnen hatten. Bei den Grünen verteidigte neben Steffen in Eimsbüttel auch Linda Heitmann in Altona ihre Stimmenmehrheit. 

Wer von den Wahlkreiskandidaten tatsächlich über das Direktmandat in den neuen Bundestag einziehen wird, war zunächst aber noch unklar, da dies nach der Wahlrechtsreform nicht mehr für alle Kandidaten automatisch der Fall ist, die die meisten Stimmen erhalten haben. Endgültige Sicherheit gibt es erst nach Vorliegen des vorläufigen Endergebnisses für ganz Deutschland.

In einer Woche sind Hamburger erneut zur Wahl aufgerufen

Bei der Bürgerschaftswahl am kommenden Sonntag haben SPD und Grüne laut einer Umfrage vom vergangenen Freitag gute Chancen, ihre Zusammenarbeit im Hamburger Rathaus fortsetzen zu können. 

So käme die SPD laut der von Infratest dimap für die ARD durchgeführten Umfrage auf 32 Prozent der Stimmen. Die Grünen kämen demnach auf 18 Prozent, knapp gefolgt von der CDU mit 17 Prozent. Linke und die AfD landeten jeweils bei 10 Prozent der Stimmen. Alle übrigen Parteien – darunter FDP, Volt und BSW – würden an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern.