Söhne mit Rasierklingen verletzt – Haftstrafe für Vater

Der Angeklagte habe durch den Angriff mit Rasierklingen seine Ehre wieder herstellen wollen, sagt die Richterin bei der Urteilsverkündung.
Der Angeklagte habe durch den Angriff mit Rasierklingen seine Ehre wieder herstellen wollen, sagt die Richterin bei der Urteilsverkündung. Foto: Bernhard Sprengel/dpa

Hamburg (dpa/lno) – Wegen eines Angriffs mit Rasierklingen auf seine zwei erwachsene Söhne hat das Landgericht Hamburg einen Angeklagten zu vier Jahren und acht Monaten Haft verurteilt. Die Strafkammer sprach den Friseur wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung schuldig. 

Der 44-jährige Mann hatte nach Überzeugung des Gerichts in der Nacht zum 9. April 2024 seine damals 21 und 24 Jahre alten Söhne auf offener Straße in Hamburg-Wilhelmsburg verletzt. Der Jüngere erlitt einen gut sieben Zentimeter langen Schnitt nahe der Halsschlagader. Der Ältere kam mit drei Kratzern an der Hand, am Bauch und an der Wade davon.

Streit um Arbeit im Friseurladen des Vaters

Der Angeklagte hatte vor der Tat einen beruflichen Neustart gewagt und einen Friseurladen im Stadtteil Rahlstedt eröffnet, wie die Vorsitzende Richterin Nora Karsten sagte. Sein älterer Sohn arbeitete eine Woche lang mit, dann gab es Streit um dessen Einstellung zur Arbeit und um Geld. Am Tag vor der Tat habe der Angeklagte seinen Laden in einer schlechten Grundstimmung geschlossen. 

In Chatnachrichten habe er seinen insgesamt drei erwachsenen Söhnen mitgeteilt: «Ich werde euch bestrafen.» Er habe sie beleidigt und gedroht, ihre Freundinnen zu vergewaltigen. Seiner Lebensgefährtin schrieb er: «Ich werde meine Söhne verstümmeln.»

Notwehrsituation nicht ausgeschlossen

Der Angeklagte sei am Abend in ein Café nach Hamburg-Wilhelmsburg gefahren, wo er Kokain und Marihuana konsumierte. Seinen drei Söhnen teilte er seinen Standort mit. Sie seien dann am späten Abend gemeinsam mit einem Freund mit einem Auto dort vorbeigekommen. 

Auf der Straße vor dem Café begann eine Schlägerei, in deren Verlauf der Angeklagte eine Rasierklinge hervorholte und den jüngeren Sohn am Hals verletzte. Das Gericht schloss nicht aus, dass sich der Vater in einer Notwehrsituation befand. Der Einsatz der Klinge sei aber nicht gerechtfertigt gewesen. Der Verletzte, ein Bruder und ein Freund flüchteten in eine nahe Moschee. 

Der ältere Sohn schaffte es nur bis zum Auto, wo ihn der Vater mit einer zweiten Rasierklinge angriff. Dem 24-Jährigen gelang es jedoch, dem Vater die Klinge aus der Hand zu schlagen und ebenfalls in die Moschee zu fliehen. Wenig später nahm die Polizei den Vater an der Kreuzung fest.

Kein versuchter Mord

Der einschlägig vorbestrafte Angeklagte habe Achtung und Respekt bei seinen Söhnen vermisst, sagte die Richterin. «Sie wollten Ihre eigene Ehre mit Gewalt durchsetzen.» Er müsse lernen, seine Emotionen im Griff zu haben, Abstand zu halten und «einfach mal die Tür zuzumachen», sagte Karsten.

Ursprünglich hatte die Anklage auf versuchten Mord aus Heimtücke gelautet. Die Söhne seien aufgrund der Chatnachrichten aber nicht arglos gewesen, erklärte die Richterin. Darum gehe es nur um einen versuchten Totschlag. Die Staatsanwaltschaft hatte sechseinhalb Jahre Haft gefordert. Die Verteidigung hatte die Tat als Notwehr bezeichnet und Freispruch beantragt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.