
Geesthacht (dpa) – Die aktuelle Sturmflutsaison an den deutschen Nord- und Ostseeküsten ist vergleichsweise ruhig verlaufen. Die einzige Auffälligkeit habe sich in der Sommersturmflut vom 23. August vergangenen Jahres gezeigt, sagte die Leiterin des Norddeutschen Küsten- und Klimabüros am Helmholtz-Zentrum Hereon in Geesthacht bei Hamburg, Insa Meinke. Damals wurde die Sturmflutmarke von 1,5 Metern über dem mittleren Hochwasser an den Pegeln Bremen, Hamburg, Cuxhaven und Husum überschritten.
Während Wissenschaftler die Saison ganzjährig von Juli bis zum Juni des Folgejahres betrachten, warnen Behörden immer vor Sturmfluten zwischen dem 15. September und dem 31. März des Folgejahres.
Stärkere Sturmflutaktivität in vergangenen Jahrzehnten
Innerhalb der letzten Jahrzehnte habe sich die Sturmflutaktivität vor allem an der Nordseeküste durch den Meeresspiegelanstieg verstärkt, erklärte Meinke. Sturmfluten liefen höher und häufiger auf als früher. «Obwohl dieser Trend Schwankungen unterliegt, mit aktiveren und schwächeren Jahren, ist er an der Nordseeküste statistisch signifikant und wird sich künftig weiter fortsetzen», betonte die Klimaforscherin.
Während es auch in der Saison 2022/23 ruhiger war, ging es im Herbst und Winter 2023/24 stürmisch zu, auch an der Ostsee. Am 20. Oktober 2023 peitschten heftige Fluten gegen die Küsten von Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. Größere Schäden verzeichnete vor allem die Region um Flensburg. Kurz vor Weihnachten 2023 gab es eine schwere Sturmflut an der Nordsee. Zugleich standen große Teile Niedersachsens unter Wasser. Dazu sei es auch gekommen, weil der seit Oktober 2023 gefallene Regen nicht in die Nordsee entwässert werden konnte, erklärte Meinke.
Meeresspiegel steigt langsamer
In zwei Video-Beiträgen des Helmholtz-Zentrums Hereon machen Meinke und andere Wissenschaftler auf die Folgen aufmerksam, die der Meeresspiegelanstieg für die deutschen Küstenregionen bedeutet. So müsse immer mehr Wasser aus tiefliegenden Regionen ins Meer gepumpt werden. Bis Ende des Jahrhunderts könne der Meeresspiegel um bis zu 1,20 Meter ansteigen und das Problem verschärfen.
In den vergangenen 100 Jahren wurde in Cuxhaven allerdings nur ein Anstieg von 21 Zentimetern gemessen. Die Anstiegsrate betrug 2,1 Millimeter pro Jahr. Im Zeitraum 1870 bis 1969 war der Meeresspiegel deutlich schneller gestiegen, nämlich um 2,8 Millimeter pro Jahr. «Bisher lässt sich keine Beschleunigung des mittleren Meeresspiegelanstiegs bei uns feststellen», sagte Meinke.
Nordsee-Sturmfluten gut für Ostsee
Das Ausbleiben großer Sturmfluten an der Nordsee hat auch ökologische Nachteile, und zwar für die Ostsee. Denn Nordsee-Sturmfluten drücken salziges und damit sauerstoffreiches Meereswasser in die Ostsee. «Für das Ökosystem der Ostsee ist das schlechter, für die Leute, die da an der Nordseeküste wohnen, ist das besser», erklärte die Klimawissenschaftlerin.