Hamburg (dpa/lno) – Der erste Abitur-Jahrgang ohne besondere Corona-Erleichterungen hat etwas schlechter abgeschnitten als die Jahrgänge während der Pandemie, aber besser als der letzte vor der Pandemie. Insgesamt kamen die 9.216 Abiturientinnen und Abiturienten nach vorläufigen Zahlen auf einen Notenschnitt von 2,36, wie die Schulbehörde mitteilte.
Während der Abiturjahre mit Corona-Erleichterungen waren die Durchschnittsnoten den Angaben zufolge zwischen 2,27 und 2,31 minimal besser, im letzten Vor-Corona-Jahr 2019 war sie mit 2,42 etwas schlechter. Das endgültige Ergebnis soll zu Beginn des kommenden Schuljahres vorliegen. Ähnliche Trends gab es laut Schulbehörde in Niedersachsen und Bayern.
«Die Schülerinnen und Schüler können stolz auf das Erreichte sein», betonte Schulsenatorin Ksenija Bekeris (SPD). Galten im aktuellen Schuljahr bei den Abschlussprüfungen doch entsprechend einem Beschluss der Kultusministerkonferenz erstmals wieder bundesweit die Vor-Corona-Regeln. «Verlängerte Bearbeitungszeiten der Abiturklausuren, Präzisierung der Themen sowie die Aufgaben-Auswahlmöglichkeit im Fach Mathematik fielen wieder weg.» Die SPD-Politikerin betonte, die Corona-Erleichterungen seien gerechtfertigt gewesen, «gleichzeitig hat ihr Wegfall zu diesem Schuljahr zu fairen Ergebnissen geführt».
Fast 95 Prozent haben das Abitur geschafft
Zum Abitur angetreten waren 9.710 Schülerinnen und Schüler und damit so viele wie zuletzt 2018. Bestanden haben 94,9 Prozent der Prüflinge – nach 96,7 Prozent im Jahr zuvor. Die durchschnittliche Abiturnote lag an den Gymnasien bei 2,25, an den Stadtteilschulen bei 2,52 und an den Beruflichen Gymnasien bei 2,54. Rund 54 Prozent der diesjährigen Abiturienten sind weiblich.
28,6 Prozent der Abiturientinnen und Abiturienten haben nach Angaben der Schulbehörde einen Einser-Schnitt, 49,6 Prozent einen Zweier-Schnitt und 21,7 Prozent einen Notendurchschnitt unter der Durchschnittsnote drei geschafft. «Auffällig ist: 61,3 Prozent der besonders guten Abiturnoten gingen an weibliche Prüflinge, während umgekehrt 54,2 Prozent der eher schlechten Abiturnoten an männliche Prüflinge ging», sagte Bekeris.
Mädchen seit Jahren besser als Jungen
Dass Mädchen generell besser abschneiden, sei schon seit Jahren so und liege wohl am individuellen Ehrgeiz. «Das ist eine Tendenz, die schon sehr lange anhält bei den Mädchen», sagte Bekeris. Behördensprecher Peter Albrecht sprach von einer «unterschiedlichen Anstrengungsbereitschaft», die bei Jungen vor allem in der Abiturphase oft nicht so ausgeprägt sei.
Die Bestnote 1,0 sei 234 Mal an insgesamt 83 Schulen vergeben worden. Die meisten 1,0er Abiture – insgesamt zehn – gab es am Gymnasium Altona, gefolgt von jeweils neun an der Gelehrtenschule des Johanneums in Winterhude, am Marion-Dönhoff-Gymnasium in Blankenese und im Walddörfer-Gymnasium in Volksdorf.
Bester Abiturschnitt am Gymnasium Oberalster
Die besten Abiturzeugnisse an den staatlichen Gymnasien gab es mit einem Notenschnitt von 1,94 am Gymnasium Oberalster in Sasel, am Gymnasium Eppendorf mit 2,0 sowie am Christianeum in Othmarschen mit 2,02. Bei den Stadtteilschulen stachen vor allem die Stadtteilschule Winterhude mit einem Schnitt von 2,10, die Stadtteilschule Bergstedt mit 2,31 sowie die Max-Brauer-Schule in Ottensen/Bahrenfeld mit 2,33 hervor.
Die meistgewählten Prüfungsfächer im schriftlichen Abitur waren laut Bekeris Englisch, Deutsch und Biologie, am wenigsten nachgefragt – nämlich nur von vier beziehungsweise zwei Schülern – waren die Fächer Chinesisch und Portugiesisch. Generell seien die Ergebnisse in den Kernfächern Deutsch, Englisch und Mathematik etwas schwächer ausgefallen als im Vorjahr.
CDU-Opposition alarmiert von den Leistungen in Deutsch und Mathematik
Die CDU-Opposition zeigt sich alarmiert von den Abiturnoten in den Fächern Deutsch und Mathematik. «Durchschnittsnoten von 2,99 in Deutsch und 2,93 in Mathematik sind schwerwiegend und damit nochmals unter das Vorjahresergebnis gesunken», sagte die Bildungsexpertin der Fraktion, Birgit Stöver. Das Abitur solle die allgemeine Hochschulreife bescheinigen. Diese sei jedoch bereits in den vergangenen Jahren von Ausbildungsstätten und Arbeitgebern immer wieder infrage gestellt worden. Der Senat müsse endlich sicherstellen, dass an den Grundschulen die Basisbildung sitze. «Dort entstandene Lücken werden in den weiterführenden Schulen nur noch erkennbar schwer zu schließen sein, wie gerade die Durchschnittsnote im Fach Deutsch deutlich zeigt.»
Die Linken-Fraktionsvorsitzende Sabine Boeddinghaus warf der Schulbehörde vor, die Lage in den Schulen schönzureden – doch dafür gebe es keinen Grund: «Hamburgs Schulsystem ist weder inklusiv noch gerecht.» Seit Jahren verpufften Maßnahmen zur Beendigung der Bildungsungerechtigkeit und der Entkoppelung von Herkunft und Schulabschluss. «Hamburgs Senat muss dringend mehr für ein gerechtes und inklusives Bildungswesen tun», forderte Boeddinghaus.