Hamburg/Berlin (dpa/lno) – Im Hamburger Rathaus hat das Verbot des Islamischen Zentrums für Erleichterung gesorgt. «Dieser Tag tut Hamburgs Stadtgesellschaft gut», sagte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD). «Radikaler Islamismus und Antisemitismus haben keinen Platz in einer weltoffenen, demokratischen und freien Hansestadt.»
Auch die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) sprach von einer «sehr guten Entscheidung und einem wichtigen Schlag gegen den verlängerten Arm des menschenverachtenden Mullah-Regimes im Iran».
Die Opposition in der Bürgerschaft begrüßte das Verbot des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH) und die Beschlagnahme der von ihm betriebenen Blauen Moschee ebenfalls, bemängelte aber, dass der Entschluss zu spät gekommen sei.
Blaue Moschee beschlagnahmt
Polizisten waren am frühen Morgen maskiert und mit schwerem Gerät bei der Moschee an der Schönen Aussicht vorgefahren, hatten sich Zutritt verschafft und den Gebäudekomplex beschlagnahmt. Razzien gab es auch in knapp 30 weiteren mit dem IZH in Verbindung stehenden Objekten in der Hansestadt. Zuvor hatte das Bundesinnenministerium das seit Jahrzehnten vom Verfassungsschutz als extremistisch und vom Iran gesteuert eingestufte IZH und seine Teilorganisationen verboten.
Laut Bundesinnenministerium ging die Polizei gegen mit dem IZH verbundene Einrichtungen auch in Bremen, Berlin, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Bayern vor. Insgesamt ging es demnach um 53 Objekte. Neben der Blauen Moschee wurden drei weitere schiitische Gotteshäuser geschlossen. Als Protest bestellte das iranische Außenministerium den deutschen Botschafter in Teheran ein.
Grote: IZH-Schließung «Wirkungstreffer» gegen Islamisten
Innensenator Andy Grote (SPD) sprach von einem «echten Wirkungstreffer gegen den islamischen Extremismus». Das Verbot mache deutlich: «Wir bekämpfen als Rechtsstaat die Feinde unserer Demokratie sehr hart und sehr wirkungsvoll.»
Hamburgs Verfassungsschutz-Chef Torsten Voß sagte, das IZH sei «ein wichtiges Instrument Teherans zur Etablierung einer antidemokratischen und antisemitisch geprägten iranischen Staatsideologie innerhalb Deutschlands und Europas». Das Landesamt für Verfassungsschutz informiere seit dem ersten öffentlichen Hamburger Verfassungsschutzbericht, der vor mehr als 30 Jahren erschien, über das IZH, den iranischen Einfluss und den schiitischen Islamismus – «Beobachtungsobjekt ist das IZH schon deutlich länger».
Opposition bemängelt späte Verbotsentscheidung
CDU-Fraktionschef Dennis Thering zeigte sich von dem Verbot erfreut, warf SPD und Grünen zugleich aber vor, «dem Treiben des IZH jahrelang tatenlos zugesehen und sich erst auf massiven Druck und viel zu spät zu einem Verbotsverfahren durchgerungen» zu haben. «Hoffentlich hat die Bundesinnenministerin die lange Verfahrenszeit genutzt und das Verbot trägt. Alles andere wäre eine Katastrophe», warnte er.
«Es wäre Augenwischerei, zu glauben, mit so einem Schritt allein ließe sich der Islamismus bekämpfen», sagte die Linken-Fraktionsvorsitzende Cansu Özdemir. «Die Zahl gewaltbereiter Islamist*innen in Hamburg steigt immer weiter an. Hier müssen wir mit wirksamer Präventionsarbeit gegenhalten – beim Senat ist da noch sehr viel Luft nach oben.»
Jahrelang sei das IZH mit Samthandschuhen angefasst worden, sagte AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann. «Man ließ sie gewähren und pflegte gegenüber islamistischen Hasspredigern einen toleranten Umgang. Das war ein Riesenfehler und rächt sich bitter.» Seit den jüngsten Demonstrationen mit Kalifat-Forderungen sei klar, «dass junge radikale Islamisten eine größer werdende Gefahr für die innere Sicherheit darstellen», sagte er.
Diskussion um Zukunft der Blauen Moschee
Bis auf Weiteres stehe die Blaue Moschee unter Verwaltung des Bundes, sagte Bürgermeister Tschentscher. «Wir sind dazu mit dem Innenministerium in Kontakt und werden zu gegebener Zeit gemeinsam über Möglichkeiten einer zukünftigen Nutzung sprechen, die dem Charakter dieses Gebäudes an einem besonderen Ort gerecht wird», sagte er.
Für die Moschee biete sich eine Nachnutzung als Ort des friedlichen gemeinschaftlichen islamischen Gebets sowie als sozialer Treffpunkt an, sagte CDU-Fraktionschef Thering. «Es ist daher naheliegend, dazu mit den liberalen Kräften der muslimischen Gemeinde in Hamburg das Gespräch zu suchen. Genau das erwarte ich jetzt vom Bürgermeister und den Vertretern des Bundes.»
Die Grünen-Landesvorsitzende Maryam Blumenthal sagte, es müsse sichergestellt werden, dass die Blaue Moschee ein Ort für Menschen schiitischen Glaubens und vor allem auch ein Ort für die Exil-Iranerinnen und -Iraner in Hamburg bleibe. «Diese müssen in Entscheidungen über die zukünftige Nutzung einbezogen werden.»
Auch die Linken-Landesvorsitzende Sabine Ritter stellt sich die Frage nach der Zukunft der Blauen Moschee – vor allem auch für Hamburgs Schiitinnen und Schiiten, «die wir nicht im Stich lassen dürfen: Wie können wir sicherstellen, dass dieser Ort als Gebetsraum erhalten bleibt – ohne, dass der Iran die Fäden zieht», sagte sie.
Imam-Ali-Moschee ist die viertälteste Moschee Deutschlands
Im Volksmund ist es die Blaue Moschee – ihr offizieller Name ist Imam-Ali-Moschee. Die Grundsteinlegung am noblen Alsterufer auf der Uhlenhorst erfolgte 1960. Nach fünf Jahren Bauzeit wurde sie im Stil der klassischen Iwan-Architektur mit Kuppel und zwei Minaretten fertiggestellt. Sie ist die viertälteste Moschee Deutschlands.