Kiel (dpa/lno) – Die Zahl der Schülerinnen und Schüler in Schleswig-Holstein wird mit dem Beginn des neuen Schuljahrs am kommenden Montag weiter steigen. «An den 794 öffentlichen allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen werden nach der jüngsten aktualisierten Prognose rund 372.300 Schülerinnen und Schülern erwartet», sagte Bildungsministerin Karin Prien (CDU) an der Kieler Lilli-Nielsen-Schule. Das sei gegenüber dem Vorjahr ein Anstieg um rund 3.300 Kinder und Jugendliche.
Ferner würden rund 25.700 Kinder in der kommenden Woche eingeschult. Dies seien etwa 1.200 Erstklässlerinnen und Erstklässler mehr als im Vorjahr, so Prien. Hinzu kämen rund 1.300 Kinder, die in die «Deutsch als Zweitsprache»-Klassen der Primarstufe eingeschult werden.
Fast alle Lehrerstellen besetzt
Nach Angaben der Ministerin sind an den allgemeinbildenden Schulen nur noch 99 Stellen im nördlichsten Bundesland unbesetzt. Dies seien gerade einmal 0,5 Prozent aller rund 20.250 Lehrkraftstellen. «Unser Engagement und die vielen Maßnahmen aus dem Handlungsplan Lehrkräftegewinnung zahlen sich aus», betonte Prien.
Die bessere Besetzungssituation erklärte die Ministerin daraus, dass seit 2017 die Anzahl der Studienplätze ebenso wie die Anzahl der Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst erhöht wurden. Dies wirke sich dann erst im Laufe der Jahre aus, da ein Lehrer sechs bis sieben Jahre brauche, um fertig zu werden, so Prien. Bei diesen Zahlen würden ausschließlich Stellenbesetzungen berücksichtigt. Krankheiten, Elternzeiten, Familienpflegezeiten oder Sabbaticals führten weiterhin zu Unterrichtsausfällen und machten Vertretungskräfte erforderlich
Datengestützte Schulentwicklung
Das Rahmenkonzept für das Schuljahr stehe unter dem Motto «Qualitätsentwicklung an Schulen». Dabei würden strategische und bildungspolitische Zielsetzungen im Vordergrund stehen: «Unser Fokus liegt auf der konsequenten Arbeit mit Daten – der datengestützten Schulentwicklung», so Prien. Diese systematische Nutzung von Daten durch Schulen und Schulaufsichten soll stärker vereinheitlicht werden, sodass Schulen in die Lage versetzt werden, die Daten lösungsorientiert einzusetzen.
Dazu soll es im Laufe des Schuljahrs zunächst an zehn und später an weiteren 56 Schulen im Land einen Modellversuch geben. «Wir probieren jetzt an diesen Schulen aus, wie man sinnvoll mit KI in Schule arbeiten kann, um daraus auch natürlich wissenschaftlich begleitet, Schlussfolgerungen zu ziehen, dann auch für die anderen Schulen im Land», erklärte die Bildungsministerin. Dabei sollen die Erkenntnisse in der Zusammenarbeit mit der KI-Professur an der Hochschule in Lübeck gewonnen und ausgewertet werden.
Stärkung basaler Kompetenzen
Einer der inhaltlichen Schwerpunkte des Schuljahres sei ebenfalls die Stärkung der sogenannten basalen Kompetenzen. «Ohne Lesen, ohne Schreiben und ohne Mathematik können Schülerinnen und Schüler in der Welt nicht bestehen», erklärte Prien. Deshalb werde weiter auf verbindliche Lesezeiten in der Grundschule gesetzt. Ebenfalls solle auch das richtige Schreiben in der Schule trainiert werden – aber nicht nur: «Dazu gehört auch das regelmäßige Üben und der Umgang mit Schreiben und Lesen Zuhause», betonte die Ministerin.
Kritik aus der Opposition
«Einer der inhaltlichen Schwerpunkte des Schuljahrs sei weiterhin die Stärkung der basalen Kompetenzen», betonte der SPD-Abgeordnete Martin Habersaat. Woher die Ministerin die Zuversicht nimmt, die im Wort „weiterhin“ stecke, sei unverständlich. Mit einem Blick auf die Ergebnisse in diversen Bildungsstudien und die letzten Plätze beim Abiturschnitt kritisiere die SPD das «weiter so».
«Die Bildungsministerin zeigt sich als Kaiserin ohne Kleider», sagte Habersaat. Dies liege einerseits an den Einsparvorgaben, die sie erfüllen müsse, und andererseits an fehlendem politischem Willen.
Bei der Lehrkräftegewinnung reagiere Ministerin Prien noch immer nicht in ausreichendem Maße auf den zunehmenden Fachkräftemangel, kritisierte zudem FDP-Fraktionschef Christopher Vogt. Die konstruktiven Vorschläge der Opposition würden von der Landesregierung «abgebügelt». Ferner forderte er eine stärkere Unterstützung der Grundschulen im Land.
Keine Entwarnung bei Lehrkräftemangel
Nach Ansicht der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) gibt es beim Lehrkräftemangel keinen Anlass zur Entwarnung. «Nach wie vor muss das Bildungsministerium zu viele Stellen mit nicht oder nicht vollständig ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern besetzen», sagte die Co-Landesvorsitzende Franziska Hense. Daher brauche es verstärkt Maßnahmen, um auch Vertretungslehrkräfte zu qualifizieren.
Ebenfalls vermisste die GEW den eigenen Angaben nach ein Wort der Bildungsministerin gegen Stellenstreichungen bei der Bildung im Haushalt des kommenden Jahres. «Bei der Bildung gibt es nichts zu holen», betonte Hense. Die Probleme wüchsen vielen Schulen bereits über den Kopf – daher dürfe nicht «der Rotstift» angesetzt werden.