Rekordbeschäftigung bei der Rüstungsindustrie im Norden

Die Rüstungsindustrie im Norden verzeichnet eine Rekordbeschäftigung. (Illustration)
Die Rüstungsindustrie im Norden verzeichnet eine Rekordbeschäftigung. (Illustration) Foto: Marcus Brandt/dpa

Kiel (dpa/lno) – Die Rüstungsindustrie in Schleswig-Holstein hat im vergangenen Jahr 8.346 Menschen beschäftigt. «Das ist ein Allzeithoch», sagte der Vorsitzende des Arbeitskreises Wehrtechnik Schleswig-Holstein, Dieter Hanel, in Kiel. Er stelle den Jahresbericht 2024 mit den Zahlen für 2023 vor. Laut Hanel bedeuten die aktuellen Beschäftigungszahlen gegenüber dem Jahr 2022 einen Anstieg von neun Prozent und seit 2010 von 70 Prozent. 

Dabei sei das Personalwachstum im letzten Jahr gegenüber 2022 in den einzelnen Branchen sehr unterschiedlich verlaufen. So habe das Wachstum etwa in der Landsystemindustrie 14 Prozent und im Marineschiffbau sechs Prozent betragen. Zudem kommt Hanel zufolge der wehrtechnischen Industrie in Kiel eine hohe wirtschaftliche Bedeutung zu: Dort sei mit 6.200 Beschäftigten ein Anstieg von 14 Prozent im Vergleich zum Jahr 2022 zu verzeichnen.

Der Umsatz in der Rüstungsindustrie im Jahr 2023 liegt nach Hanels Angaben zwischen 1,5 und 2 Milliarden Euro. Dabei sei die positive wirtschaftliche Entwicklung vom Krieg in der Ukraine und von langfristigen Aufträgen – insbesondere aus dem Ausland – bestimmt. Das 100 Milliarden Euro große Sondervermögen für die Bundeswehr habe nur einen unwesentlichen Beitrag geleistet.

Weiterhin Defizite bei der Bundeswehr

2024 wird sich nach Nato-Angaben der Anteil der deutschen Verteidigungsausgaben auf 2,12 Prozent des Bruttoinlandsprodukts befinden und somit Deutschland seit 2014 erstmalig das Zwei-Prozent-Ziel erreichen, betonte Hanel. Dennoch liege Deutschland damit in der Nato nur an 15. Stelle. 

Gleichzeitig habe die Bundeswehr für die Neuausrichtung auf die Landes- oder Bündnisverteidigung sowie für die weltweit notwendigen Einsätze unverändert erhebliche Defizite in der Ausrüstung. Zudem reichten die in den nächsten Jahren eingeplanten Mittel im Verteidigungshaushalt und das Sondervermögen mittelfristig nicht aus, diese Lücke zu schließen. 

Handlungsbedarfe

Politischen Handlungsbedarf sieht die Rüstungsbranche trotz der positiven wirtschaftlichen Entwicklung auf mehreren Feldern. Der Arbeitskreis Wehrtechnik fordert etwa eine grundlegende Neuorganisation des Beschaffungswesens der Bundeswehr, insbesondere durch vereinfachte Ausschreibungen und eine Beschleunigung der Prozesse. Zudem müssten in der Europäischen Union Beschaffungsverfahren und Zulassungsvorschriften vereinfacht werden. 

Ebenfalls müssten die Bestimmungen, die Unternehmen nach Nachhaltigkeitkriterien bewerten, abgeschafft werden, da diese die Verteidigung und die Rüstungsindustrie als «nicht nachhaltig» und «sozial schädlich» einstufen. Unternehmen werde so der Zugang zum Kreditmarkt erschwert werden. «Nur durch diese aufgezeigten politischen Handlungsfelder wird die Wehrtechnik in der Lage sein, auch zukünftig einen maßgeblichen Beitrag zur Sicherheit unseres Landes und unserer Bündnispartner zu leisten», betonte Hanel.