Nach Lolita-Affäre – Verdient von Boetticher eine zweite Chance?

Für den CDU-Politiker Christian von Boetticher wurde seine Beziehung zu einer 16-Jährigen zum Verhängnis. Unter Tränen trat er damals zurück. Obwohl die Beziehung rechtlich nicht strafbar war und Politiker den gleichen Gesetzen wie alle anderen Bürger unterliegen, gelten für sie dennoch andere moralische Maßstäbe. Foto: dpa

Christian von Boetticher, ein 53-jähriger CDU-Politiker, hat erneut die politische Bühne betreten und plant, bei der Bundestagswahl 2025 im Wahlkreis Pinneberg für die CDU zu kandidieren. Seine Ambitionen kommen jedoch nicht ohne Kontroversen. Von Boetticher, der 2011 als aufstrebender Hoffnungsträger der CDU galt, trat damals wegen einer Lolita-Affäre mit einer 16-jährigen Schülerin von seinen Ämtern zurück. Diese Affäre war nicht nur ein persönlicher, sondern auch ein politischer Skandal, der seine Karriere abrupt beendete.

Jetzt, fast 15 Jahre später, stellt sich die Frage: Verdient von Boetticher eine zweite Chance?

Seine Rückkehr in die Politik erfolgt in einem schwierigen Umfeld, nicht nur wegen seiner Vergangenheit, sondern auch wegen parteiinterner Konkurrenz. Im Wahlkreis Pinneberg tritt er gegen Ralf Stegner von der SPD an, einen erfahrenen Politiker und scharfen Kritiker der CDU. Doch die größte Herausforderung könnte von Boetticher aus den eigenen Reihen drohen: Sandra Carstensen, ehemalige First Lady Schleswig-Holsteins und Personalchefin des Hamburger Flughafens, ist ebenfalls eine Anwärterin auf die Kandidatur. Carstensen, die Frau des ehemaligen Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen, genießt in der CDU hohes Ansehen und gilt als unbescholten und loyal – Eigenschaften, die in der aktuellen politischen Landschaft hoch geschätzt werden.

Die Unterstützung von hochrangigen CDU-Mitgliedern wie Parteichef Friedrich Merz und Generalsekretär Carsten Linnemann deutet darauf hin, dass von Boetticher in der Parteiführung gut vernetzt ist. Merz steht „voll hinter ihm“, und Linnemann bezeichnet ihn als langjährigen Freund. Doch die Frage bleibt, ob diese Unterstützung ausreicht, um die Skepsis und den Widerstand in der Basis zu überwinden.

Die CDU in Schleswig-Holstein ist bekanntermaßen eine Partei, die Loyalität und Anstand hochhält, und von Boettichers Vergangenheit könnte sich als schwerer Ballast erweisen. Der Druck innerhalb der Partei, sich klar von Skandalen zu distanzieren und ein unbescholtenes Bild zu wahren, ist hoch. In dieser Hinsicht könnte Sandra Carstensen, deren Ruf makellos ist, die stärkere Kandidatin sein.

Von Boetticher muss sich nun der Herausforderung stellen, seine Vergangenheit überzeugend aufzuarbeiten und zu zeigen, dass er aus seinen Fehlern gelernt hat. Es wird nicht nur eine Frage der politischen Strategie sein, sondern auch der persönlichen Integrität, ob er diese zweite Chance wirklich verdient hat. Seine Rückkehr in die Politik könnte ein Signal für einen Neuanfang sein – oder ein erneuter Sturz, wenn er die Zweifel innerhalb und außerhalb seiner Partei nicht überwinden kann. / Sven Wolter-Rousseaux