Hamburg (dpa) – Alexander Zverev kämpfte gegen einen starken Gegner – und mit seinem Körper. Am Ende musste sich der deutsche Tennisstar trotz einer beeindruckenden Willensleistung im Finale seines Heimturniers in Hamburg geschlagen geben. Der Olympiasieger und Titelverteidiger unterlag in einem Krimi über 3:33 Stunden dem aufstrebenden Franzosen Arthur Fils mit 3:6, 6:3, 6:7 (1:7).
Es war das längste Finale seit der Einführung des Best-of-three-Modus – bei dem der Sieger zwei Sätze gewinnen muss – und eines der besten Endspiele der vergangenen Jahre. Nach dem heißen Duell dauerte es ein wenig, ehe vor allem bei Zverev die Anspannung wich, doch dann bespritzte er seinen Bezwinger bei der Siegerehrung versöhnlich mit Champagner.
Trotz der Niederlage glückte dem Weltranglisten-Vierten insgesamt die Generalprobe für die Olympischen Spiele in Paris in der kommenden Woche. Allerdings verpasste er es, als erster Deutscher seit Gottfried von Cramm 1949, das Traditionsturnier zweimal nacheinander zu gewinnen.
«Es war eine unglaubliche Woche, die ich nie vergessen werde, auch wenn es mit der Titelverteidigung nicht geklappt hat», sagte Zverev. Und mit Blick auf die weiteren Ziele für sich und sein Team sagte er: «Wir wollen Nummer eins werden Ende des Jahres.» An seinen Gegner gerichtet, meinte er: «Du hast den Sieg verdient. Genieß den Moment.»
Kampf gegen Körper und Gegner
Mehr als dreieinhalb Stunden hatte der Weltranglisten-Vierte nicht nur gegen den 20-jährigen Fils, sondern auch mit körperlichen Problemen zu kämpfen. Dabei schien weniger sein lädierten linkes Knie ihn zu behindern, das lange Zverevs Turnierstart infrage gestellt hatte.
«Dadurch, dass ich mit einem zu niedrigen Blutzucker gespielt habe, war mir schwindlig im ersten Satz, weil wir bei 31 Grad in der Sonne gespielt haben. Dadurch war mir übel», erklärte Zverev, der Diabetiker ist.
Die 10.000 Zuschauer litten mit ihrem Lokalmatadoren. Beim Stand von 1:4 und 40:40 im ersten Satz bat Zverev um medizinische Hilfe. «Mein Bauch zieht mich runter», sagte er den Helfern. Er bekam Elektrolyte. «Mitte des zweiten Satzes war es okay», sagte er.
Auch sein Gegner trug erheblich dazu bei, dass Zverev nichts ins Spiel kam. Vor einem Jahr hatte er Fils im Halbfinale von Hamburg noch klar in zwei Sätzen geschlagen. Vor dem Finale in diesem Jahr hatte sich Zverev aber schon lobend über den Weltranglisten-28. geäußert. «Er ist einer der talentiertesten Spieler, die wir auf der Tour haben. Er hat das Potenzial, einer der besten Spieler auf der Welt zu sein», sagte Zverev.
Weltklasse-Tennis im dritten Satz
Trotz des druckvollen Spiels von Fils und der Probleme hatte der Hamburger genügend Möglichkeiten. Von 22 Breakchancen nutzte er nur eine, die führte dann am Ende zum 6:3 im zweiten Durchgang. Im entscheidenden Satz boten beide Spieler Weltklasse-Sandtennis, dann aber unter dem geschlossenen Dach wegen eines Unwetters. Als es in den Tiebreak ging, war Fils nicht mehr zu stoppen und holte sich seinen ersten Titel bei einem ATP500-Turnier und seinen insgesamt zweiten.
Zverev will Fahnenträger sein
Vor dem Olympia-Start am Freitag hofft Zverev auf einen Erfolg in einem ganz anderen Wettbewerb. Er zählt zu den drei Kandidaten, die zur Wahl des männlichen Fahnenträgers bei der Eröffnungszeremonie in Paris stehen. Seine Konkurrenten sind Basketball-Weltmeister Dennis Schröder und Schieß-Olympiasieger Christian Reitz.
Unterstützung bekommt er in jedem Fall von seinen Tennis-Kollegen Kevin Krawietz und Tim Pütz. Das derzeit beste deutsche Doppel verteidigte seinen Titel in Hamburg erfolgreich. Das Duo aus Coburg und Frankfurt/Main besiegte die Franzosen Fabien Reboul/Edouard Roger-Vasselin 7:6 (10:8). «Mit Sicherheit gibt das viel Selbstvertrauen, eine gute Stimmung und ist sicher eine super Vorbereitung», sagte Pütz.
Er und sein Doppel-Partner reisen ebenso wie Zverev am Dienstag nach Paris. Dazu stoßen auch Jan-Lennard Struff, Dominik Koepfer und Maximilian Marterer. Diese sechs bilden im olympischen Dorf die deutsche Tennis-Männer-WG. Das wird eine gute Zeit, glaube ich», sagte Krawietz.