Cum-Ex: Opposition erhebt schwere Vorwürfe gegen SPD

Opposition erhebt in Minderheitenvoten zum Abschlussbericht des Cum-Ex-Ausschusses schwere Vorwürfe gegen SPD (Archivbild).
Opposition erhebt in Minderheitenvoten zum Abschlussbericht des Cum-Ex-Ausschusses schwere Vorwürfe gegen SPD (Archivbild). Foto: Christian Charisius/dpa

Hamburg (dpa/lno) – Nach mehr als vier Jahren Arbeit im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) der Hamburgischen Bürgerschaft zum Cum-Ex-Skandal sehen CDU, Linke und AfD führende SPD-Mitglieder stark belastet. In ihren Minderheitenvoten zum Abschlussbericht des PUA, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen, sehen sie eine politische Einflussnahme des früheren Bürgermeisters und heutigen Kanzlers Olaf Scholz und seines damaligen Finanzsenators und Nachfolgers im Rathaus, Peter Tschentscher, sowohl im Cum-Ex-Fall der Warburg Bank als auch bei früheren HSH Nordbank bestätigt.

SPD und Grüne waren in ihrem bereits Mitte Januar vorgelegten Votum zu einer völlig konträren Bewertung gekommen. SPD-Obmann Milan Pein hatte der Opposition darin «Polittheater statt verantwortungsvolle Aufklärung» vorgeworfen. 

CDU, Linke und AfD kritisieren SPD im Umgang mit Cum-Ex-Fällen

Durch Scholz‘ und Tschentschers «politische Einflussnahme wäre es zu einem Schaden für Hamburg in Höhe von rund 200 Millionen Euro aus Cum-Ex –Betrugsgeschäften gekommen, wenn nicht das Bundesministerium für Finanzen die Hamburger Steuerbehörde zweimal gezwungen hätte, die zu Unrecht erstatteten Steuern unmittelbar vor deren Verjährung zurückzufordern», heißt es im Minderheitsbericht der CDU in Bezug auf die Warburg Bank.

Zwar hätten durch die Erinnerungslücken von Olaf Scholz dessen Treffen mit dem Warburg-Bank-Gesellschafter Christian Olearius nicht lückenlos aufgeklärt werden können, sagte der Linken-Abgeordnete Norbert Hackbusch. Deshalb blieben nur Indizien. «Diese legen jedoch nahe, dass der damalige Erste Bürgermeister Olaf Scholz gravierende politische Verantwortung für die wachsweiche Haltung der Stadt gegenüber dem Steuerbetrug der Warburg-Bank trägt.»

 

Schwere Vorwürfe gegen Tschentscher im Cum-Ex-Fall HSH 

Im Fall HSH Nordbank habe es die von Tschentscher noch als Finanzsenator versprochene intensive Aufarbeitung des Steuerbetrugs bei der früheren Landesbank Hamburgs und Schleswig-Holsteins nie gegeben, heißt es im Minderheitenvotum der Linken. 

Die HSH Nordbank hatte sich zwischen 2008 und 2011 in 29 Fällen Kapitalertragssteuern erstatten lassen, die zuvor gar nicht gezahlt worden waren. Dies hatte eine von der Bank selbst in Auftrag gegebene Prüfung durch die Wirtschaftskanzlei Clifford Chance ergeben. 2014 hatte die HSH deshalb rund 126 Millionen Euro an die Steuerverwaltung zurückgezahlt.

CDU: Wichtiges Cum-Ex-Wissen verstaubte im Aktenschrank

«Die Untersuchungen der Cum-Ex-Vorgänge bei der HSH Nordbank haben ergeben, dass weder der Bürgermeister, der Finanzsenator noch die Staatsanwaltschaft Interesse daran hatten, die im Saturn-Bericht von Clifford Chance zusammengefassten Ergebnisse auswerten zu lassen bzw. auszuwerten», schreibt die CDU. Wichtiges Wissen um die Cum-Ex-Betrügereien sei so im Aktenschrank verstaubt.

Die Linke bemängelte, dass die von Tschentscher zu verantwortende Personallage bei der Steuerverwaltung die Aufklärung verhindert habe. «Die zahlreichen ZeugInnen in diesem Fall beteuerten immer wieder die schlechte Personalausstattung in den Behörden, aufgrund derer sie lange nicht in der Lage waren, diese Geschäfte zu unterbinden, geschweige denn sie bis heute vollständig aufzuklären», heißt es in dem Minderheitenvotum.

AfD: SPD steht bei Cum-Ex auf Seite der Täter 

Auch die AfD erhob schwere Vorwürfe gegen die Regierungsparteien. Sie hätten aufgrund ihrer Mehrheit über die personelle Führung des Arbeitsstabes entschieden und so einen von der SPD-kontrollierten «Informations-Flaschenhals» zu den Vertretern der Opposition im Ausschuss aufgebaut, heißt es in ihrem Minderheitenvotum. 

Wichtige Akten seien deshalb unberücksichtigt geblieben und dem Ausschuss mehrfach Informationen vorenthalten worden, sagte der AfD-Abgeordnete Alexander Wolf. «Es ist insgesamt sehr deutlich geworden, dass die SPD beim Milliarden-Raub Cum-Ex auf der Seite der Täter und nicht auf der Seite der Bürger steht», resümierte er.

Abschlussbericht kommende Woche in der Bürgerschaft 

Der PUA war 2020 eingerichtet worden. Hintergrund waren die drei Treffen von Scholz mit dem Warburg-Bank-Gesellschafter Olearius 2016 und 2017, die erst durch die Veröffentlichung von entsprechenden Einträgen der von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmten Tagebücher des Bankers bekanntgeworden waren. 

Bei den Treffen ging es um drohende Millionen-Rückforderungen der Hamburger Finanzverwaltung wegen zu unrecht erstatteter Kapitalertragssteuern. Gegen Olearius war damals bereits wegen des Verdachts des schweren Steuerbetrugs im Zusammenhang mit Cum-Ex ermittelt worden.

Nach den ersten Treffen hatte die Finanzverwaltung entgegen ursprünglicher Pläne auf die Rückforderungen von 47 Millionen Euro verzichtet – und diese nach Ansicht der an der Entscheidung Beteiligten in die Verjährung laufenlassen. Weitere 43 Millionen Euro wurden 2017 erst auf Weisung des Bundesfinanzministeriums kurz vor Eintritt der Verjährung eingefordert. Zwischenzeitlich hat die Bank alle Forderungen beglichen.

In der kommenden Woche wird der rund 1.300 Seiten umfassende Abschlussbericht des PUA in der Bürgerschaft debattiert.