
Kiel (dpa/lno) – Der Kieler Landtag hat die Landesregierung anlässlich zu 70 Jahren Bonn-Kopenhagener Erklärungen einstimmig dazu aufgefordert, sich weiterhin für die Rechte der Minderheiten im Land einzusetzen. In dem Antrag des Südschleswigschen Wählerverbandes (SSW) wird betont, dass das erfolgreiche Minderheitenmodell der vergangenen Jahrzehnte nicht infrage gestellt werden dürfe.
Dazu zählen etwa die Anerkennung und Finanzierung der dänischen Schulen und Kitas im Land sowie die Befreiung von der 5-Prozent-Hürde für die politische Vertretung. Ebenfalls sollen bei öffentlichen Bekanntmachungen die Zeitungen der dänischen Minderheiten angemessen berücksichtigt oder die Minderheit nicht am Gebrauch der dänischen Sprache gehindert werden, heißt es.
Bei der Debatte zum Jubiläum sagte der Fraktionsvorsitzende des SSW, Christian Dirschauer: «Minderheit sein, das ist das Bekenntnis zu einer Sprache und einer Kultur, ein Zugehörigkeitsgefühl zu einer eigenen Gemeinschaft.» Sie dürften nicht infrage gestellt und zur Assimilation aufgefordert werden.
«Dass dieses heute weitgehend politischer Konsens ist, erfüllt uns mit großer Dankbarkeit», betonte der SSW-Fraktionschef. Daher sei es nicht nur wichtig, das Jubiläum öffentlich zu feiern, sondern auch daran zu erinnern, dass Minderheitenschutz, kulturelle Vielfalt und Völkerverständigung eine Voraussetzung für ein friedliches Miteinander seien und blieben. Der SSW ist die Partei der dänischen und friesischen Minderheit.
Erklärungen garantieren Gleichbehandlung
Beiderseits der deutsch-dänischen Grenze leben nationale Minderheiten. Die Rechte der knapp 15.000 Angehörigen der deutschen Minderheit in Dänemark und der rund 50.000 Menschen der dänischen Minderheit in Schleswig-Holstein regeln die Erklärungen. Sie entstanden im Kontext der Nato-Gründung und legten am 29. März 1955 grundlegende Prinzipien der Minderheitenpolitik fest.
Die Erklärungen wurden vom damaligen Bundeskanzler Konrad Adenauer und seinem dänischen Amtskollegen Hans Christian Hansen unterzeichnet. Sie garantieren die Gleichbehandlung beider Gruppen auf beiden Seiten der Grenze.
Erklärungen haben Freundschaft ermöglicht
Der Staatskanzleichef Dirk Schrödter kündigte in seiner Rede an, dass die Landesregierung auch in Zukunft die dänische Minderheit im Land und die deutsche Minderheit in Dänemark fördern und sichtbar machen will. «Ihren Schutz und ihre Rechte zu wahren, genauso auch die der weiteren Minderheiten in unserem Land bleibt uns Auftrag und Verpflichtung», betont der CDU-Politiker.
Die Bonn-Kopenhagener Erklärungen haben aus seiner Sicht dazu beigetragen, dass die Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg wieder in den Kreis der europäischen Nationen zurückkehren konnten. «Sie haben ein über Jahrhunderte andauernden Konflikt beendet und zunächst Frieden und später dann Freundschaft in der Grenzregion ermöglicht», sagte Schrödter. Diese Bedeutung hätten die Erklärungen bis heute.
Wissen um die Minderheiten muss vermittelt werden
Die SPD-Abgeordnete Birte Pauls sieht die Erklärungen bis heute als Grundlage für das friedliche Miteinander in der deutsch-dänischen Grenzregion – auch wenn es bis in die jüngste Vergangenheit hinein immer wieder Versuche gab, die in der Erklärung beschriebenen Rechte der dänischen Minderheit zu reduzieren.
«Die Minderheiten bleiben bereichernder, selbstverständlicher Bestandteil des Lebens in der Grenzregion», betonte Pauls. Um nicht zu vergessen, wie der gegenwärtige Zustand entstanden ist, muss das Wissen um die Minderheiten aktiv vermittelt werden – dies könne auch zu mehr Frieden in der Welt führen.
Zusammenarbeit nur mit offenen Grenzen
Angesichts der Koalitionsverhandlungen im Deutschen Bundestag sagte Eka von Kalben (Grüne): «Die Zusammenarbeit zwischen Dänemark und Deutschland, die kann auch nur funktionieren, wenn wir offene Grenzen haben.» Nur dann könne das Zusammenleben in der Grenzregion aktiv verbessert werden.
Mehrsprachigkeit nicht nur an Schulen der Minderheit
Der FDP-Abgeordnete Heiner Garg forderte in seiner Rede die Mehrsprachigkeit im Land weiter zu fördern. «Wir sollten uns nicht darauf beschränken, dass die Mehrsprachigkeit in den Schulen der Minderheit stattfindet», sagte er. Bei Reisen nach Dänemark stelle er fest, dass dort Deutsch recht flüssig gesprochen wird. Andersherum mangele es aber oft an Sprachkenntnissen.