Erzbischof: Weitere Untersuchungen zu Missbrauch in Kirche
Hamburg (dpa) – Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße hat nach der Veröffentlichung einer Studie zu sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche in Mecklenburg von 1946 bis 1989 weitere Untersuchungen für den ganzen Norden angekündigt. «Wir werden als Erzbistum in Abstimmung mit der Aufarbeitungskommission und dem Betroffenenrat weitere Untersuchungen in Auftrag geben, die das ganze Gebiet des heutigen Erzbistums und die gesamte Zeit bis heute in den Blick nehmen», sagte Heße am Montag in Hamburg.
Die am vergangenen Freitag in Schwerin vorgestellte Studie zu Mecklenburg hatte eine Vielzahl von Übergriffen auf Kinder und Jugendliche durch Priester ergeben. Heße sagte, ihm sei deutlich geworden, wie sehr sexualisierte Gewalt mit geistlichem und Machtmissbrauch und mit brutaler körperlicher Gewalt zusammenhänge. Die Forscher hatten 40 Betroffene und 19 Beschuldigte ermittelt, gehen aber von einer höheren Dunkelziffer aus.Heße sagte: «Auch wir im Erzbistum Hamburg müssen zur Kenntnis nehmen, dass kirchliche Verantwortungsträger nach unserem heutigen Wissen nicht angemessen gehandelt haben.» Täter seien nicht konsequent zur Rechenschaft gezogen und Schutzbefohlene nicht ausreichend geschützt worden. Die Forscher kamen zu der Erkenntnis, dass der staatliche Druck auf die Kirche in der DDR die Vertuschung von Missbrauchsfällen begünstigt hat.
Heße sprach sich für mehr Kontrolle und Teilung kirchlicher Macht aus. «Auch wenn wir heute Kirche in einer offenen und demokratischen Gesellschaft sind, muss der Umgang mit Macht in der Kirche nach wie vor immer reflektiert und kritisch überprüft werden», sagte er. Eine Konsequenz aus den Erkenntnissen müsse aus seiner Sicht eine systemische Veränderung sein.
Der Erzbischof betonte in dem Zusammenhang die Bedeutung des synodalen Weges, über den seit Jahren in Deutschland in der katholischen Kirche diskutiert wird. «Ich glaube, dass wir dort an wichtigen Impulsen für eine Kirche arbeiten, in der Macht kontrolliert und geteilt wird», sagte Heße.