Rostock (dpa) – Der Fischereiexperten Christopher Zimmermann hält die vorgeschlagenen Kürzungen der Fangmengen für Dorsch und Hering in der westlichen Ostsee für «Symbolpolitik». Denn die Fischereien seien faktisch bereits geschlossen, sagte der Leiter des Thünen-Institus für Ostseefischerei der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage. Der Dorsch der Region könne ausschließlich als Beifang gefischt werden, und der Hering dürfe von den größeren Fischereien nicht gefangen werden. Der Kommissionsvorschlag gilt für 2025.
«Symbolpolitik hilft niemandem, und nur weil es auf dem Papier besser aussieht, erholt sich ein Bestand nicht», sagte der Institutsleiter. Auf zeitaufwendige Diskussionen über winzige Änderungen solle man verzichten und sich stattdessen um tatsächliche Probleme kümmern. «Eine quasi inexistente Quote zu halbieren, lässt sich gut kommunizieren, bringt aber eben genau nichts.»
Zimmermann hält für sinnvoll, dass die bestehenden Fangmengen für Dorsch und Hering in der Region bestehen bleiben, die er knapp nennt. Mit den Vorgaben könne sich der Hering in etwa fünf bis sieben Jahren erholen. Der Dorsch leide unter schlechten Umweltbedingungen und werde sich auch nicht erholen, wenn kein einziger gefangen würde, sagte Zimmermann.
Letztlich entscheiden die EU-Staaten
Die EU-Kommission hatte im August den neuen Vorschlag für die Ostsee vorgestellt. Die Kommission unterbreitet die Empfehlung, dass im nächsten Jahr in der westlichen Ostsee 394 Tonnen Hering und 93 Tonnen Dorsch gefangen werden dürfen. Das sind 50 Prozent und 73 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Vorschläge für die Ostsee werden jährlich erarbeitet. Mit der Begrenzung soll verhindert werden, dass Bestände kollabieren.
Beschlossen werden die Mengen von den Fischereiministerinnen und -ministern der EU-Staaten. Im Oktober befassen sich die Minister mit dem Vorschlag. Die Länder sind nicht an die Empfehlung gebunden. Regelmäßig beschließen sie Fangmengen, die darüberliegen. Die Gesamtfangmenge wird in nationale Quoten für die Mitgliedstaaten aufgeteilt.
Experte: Vorsicht bei Sprotte geboten
Die Kommission schlägt auch vor, dass die Fangmenge der Sprotte deutlich gesenkt wird: um 42 Prozent auf etwa 117.000 Tonnen. Die Empfehlung hält Zimmermann für richtig. Der Bestand befinde sich zwar noch in gutem Zustand, allerdings gebe es einen hohen Druck aus der Fischerei auf die Sprotte und Nachwuchsjahrgänge seien vergleichsweise schwach, sagte der Experte. «Hier ist also maximale Vorsicht geboten, um nicht in eine ernste Überfischungssituation zu rutschen.»
Zimmermann ist der deutsche Vertreter im sogenannten Advisory Committee des Internationalen Rates für Meeresforschung ICES. Die EU-Kommission stützt sich zur Ausarbeitung der Vorschläge unter anderem auf den wissenschaftlichen Rat des ICES.