SM-Session kostet Freier das Leben – Geldstrafe für Domina

Die Angeklagte verbirgt sich unter einem breiten Schal.
Die Angeklagte verbirgt sich unter einem breiten Schal. Foto: Bernhard Sprengel/dpa

Hamburg (dpa) – Für seine sexuelle Vorliebe geht ein Geschäftsmann aus Dresden große Risiken ein – und bezahlt das mit seinem Leben. Eine Hamburger Domina legt dem 53-Jährigen Ketten um den Hals, die sie an der Decke eines Etablissements im Stadtteil Schnelsen befestigt. Nach einstündiger Sadomaso-Stimulation wird der übergewichtige, 1,93 Meter große Mann plötzlich ohnmächtig. Die Ketten ziehen sich um seinen Hals zu, er stirbt infolge des Sauerstoffmangels im Krankenhaus. Das Landgericht Hamburg hat die 38-jährige Prostituierte nun wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe verurteilt. 

Sechs Stunden Sadomaso gebucht

Nach Feststellung des Gerichts war der Dresdner über eine Anzeige auf die Dienste der Domina aufmerksam geworden. In einem Chat zeigte er sich vertraut mit sogenannten BDSM-Praktiken, wie Richterin Nora Karsten sagte. Er vereinbarte eine sechsstündige Behandlung für 900 Euro und machte die übliche Anzahlung. 

Am Morgen des 18. Oktober 2022 fuhr er mit dem Auto nach Hamburg, angeblich zu einer Dienstreise. Gegen 12.00 Uhr traf er im Studio der Domina ein. In einem Vorbereitungsgespräch habe er Vorerkrankungen verneint. Er sagte der Domina nach Angaben der Richterin, dass er über seine Grenzen hinausgehen wolle. Was ihn erwartete, habe er nicht im Einzelnen wissen wollen.

Bondage, Ketten und Analhaken

Die 38-Jährige hatte eine solche Langzeit-Session noch nie gemacht und sich einiges einfallen lassen. Nach dem Duschen legte sie dem nackten Freier eine sogenannte Bondage an, durch die er seine Arme und Hände nicht mehr bewegen konnte. Die Metallketten habe sie an einer Art Gardinenstange befestigt, die an einer Öse an der Decke hing. 

Zusätzlich führte sie ihm das kugelförmige Ende eines sogenannten Analhakens ein und verknotete ein Band vom anderen Ende des Hakens mit den Ketten. Der so gefesselte Mann stand auf dem Boden, möglicherweise auch erhöht auf einem Stuhl oder Hocker. «Es ging um das Gefühl des Ausgeliefertseins», erklärte die Richterin. 

Plötzlich ohnmächtig

Nach einer Stunde, während die Angeklagte ihn unter anderem an den Brustwarzen und Genitalien stimuliert hatte, wurde der Mann ohnmächtig. Plötzlich sei bei ihm das Licht aus gewesen, habe die geständige Angeklagte erklärt. Die Ketten zogen sich um seinen Hals zu und schnürten ihm die Luft ab. Die eher zierliche Prostituierte konnte den schweren Mann nicht heben, wie sie dem Gericht nach Angaben der Richterin glaubwürdig schilderte. Sie versuchte erfolglos, ihn auf einem Sofa abzustützen, und schrie um Hilfe.

Erst zwei Rettungssanitäter konnten den 53-Jährigen aus den Ketten lösen und zusammen mit einem Polizeibeamten reanimieren. Doch weil die Sauerstoffversorgung des Gehirns mindestens zehn Minuten unterbrochen war, starb der Mann wenige Tage später im Krankenhaus. Bei der Obduktion stellten die Ärzte fest, dass der 53-Jährige bei 115 Kilogramm Körpergewicht ein vorbelastetes Herz und eine möglicherweise chronische Atemwegserkrankung hatte. 

Sorgfaltspflicht als Domina verletzt

Die Angeklagte habe ihre Sorgfaltspflicht verletzt, sagte die Vorsitzende Richterin. Die gesamte Konstruktion mit den Ketten sei einfach zu gefährlich gewesen. Es habe keine Möglichkeit gegeben, die Fesselung schnell zu lösen. «Als Domina ist das ihr Job, eine solche Konstruktion zu ersinnen, und auch, dass sie sicher ist», betonte die Richterin. Bei einer derartigen Behandlung müsse man immer damit rechnen, dass auch ein gesunder Mann kurz in Ohnmacht fallen könne. 

Tränen der Erleichterung

Wegen fahrlässiger Tötung verurteilte die Strafkammer die 38-Jährige zu einer Geldstrafe von 140 Tagessätzen zu je 35 Euro – zusammen 4.900 Euro. 50 Tagessätze (1.750 Euro) gelten wegen der langen Verfahrensdauer als bereits vollstreckt. Die ursprüngliche Anklage hatte auf Körperverletzung mit Todesfolge gelautet. Die 38-Jährige mit dunklen Haaren, gekleidet in Jeans und einen hellen Kapuzen-Pulli, nahm das Urteil mit Tränen der Erleichterung auf, wie die Richterin sagte. Es ist noch nicht rechtskräftig.

Die Angeklagte war vom Tod ihres Kunden so schockiert, dass sie den Beruf wechselte und im Einzelhandel arbeitete. Seit einiger Zeit ist sie nach Angaben von Karsten aber wieder als Domina tätig, allerdings im weniger gefährlichen «bizarren Bereich».