Hamburg (dpa/lno) – Im Prozess um gewaltsame Auseinandersetzungen von Demonstranten mit der Polizei am Rande des G20-Gipfels hat das Landgericht Hamburg zwei Angeklagte zu Geldstrafen verurteilt. Ein 29-Jähriger und seine 35 Jahre alte Mitangeklagte hätten sich bei dem gewaltsamen Protest 2017 des Landfriedensbruchs sowie der Beihilfe unter anderem zur versuchten gefährlichen Körperverletzung, tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte sowie zur Sachbeschädigung schuldig gemacht, sagte die Vorsitzende Richterin Sonja Boddin in der rund zweistündigen Urteilsverkündung nach siebenmonatiger Verhandlung.
Die beiden Angeklagten hatten an einem Aufmarsch von 150 bis 200 Gipfelgegnern teilgenommen, aus dem heraus Polizisten mit Steinen beworfen sowie Verkehrsschilder, eine Bushaltestelle, ein Firmengebäude und zwei Autos beschädigt worden waren. Die Polizei hatte den Marsch der einheitlich schwarz Gekleideten aus einem Protestcamp im Volkspark in der Straße Rondenbarg im Stadtteil Bahrenfeld schließlich gestoppt.
Die Angeklagten seien wie die anderen Demonstranten schwarz oder zumindest dunkel gekleidet gewesen und hätten Steinewerfern und Gewalttätern unter den Teilnehmern so ihre Solidarität gezeigt. Außerdem hätten sie es denen durch die Uniformität ermöglicht, nach den Taten in der Gruppe unterzutauchen. «Diese nach außen getragene Militanz und die Förderung von Gewalttaten, das ist es, was wir hier bestrafen», sagte die Richterin.
Richterin spricht auch von unverhältnismäßiger Polizeigewalt
Bis auf die Beteiligung an der Demonstration des sogenannten «schwarzes Fingers» der Gipfelgegner war den Angeklagten keine konkrete Tathandlung nachgewiesen worden. Allerdings hätten sie sich allein durch ihre Teilnahme an der auf eine gewaltsame Eskalation ausgelegten Versammlung der Beihilfe schuldig gemacht, sagte die Richterin. «Mitnichten sollte eine Auseinandersetzung vermieden werden. Dass es dann auch zu Steinewürfen auf Polizeibeamte kommen würde, war eingepreist.»
In ihrer Urteilsbegründung ließ die Richterin auch das Argument der Verteidigung, dass Gewalt von der Polizei ausgegangen sei, nicht gelten. «Ich bin sicher, dass es unverhältnismäßige Polizeigewalt gegeben hat», sagte sie. «Auch im Rondenbarg – aber die setzte erst ein, als alles gelaufen war. Da hatten Sie sich schon schuldig gemacht.»
Gericht bleibt unter von Staatsanwaltschaft gefordertem Strafmaß
Der 29-Jährige wurde zu 90 Tagessätzen von je 15 Euro, die 35-Jährige zu 90 Tagessätzen von je 40 Euro verurteilt. Außerdem müssen sie die nicht unerheblichen Kosten des aufwendigen Verfahrens tragen, was nach Worten der Richterin «schmerzhaft» werden dürfte.
In seinem Urteil blieb das Gericht unter dem von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafmaß: Diese hatte jeweils 150 Tagessätze gefordert. Zudem erfolgt bei 90 Tagessätzen auch kein Eintrag in das polizeiliche Führungszeugnis der Verurteilten. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert.
Gegen das Urteil ist binnen einer Woche Revision möglich. Dies werde man jetzt eingehend prüfen, kündigte der 29-Jährige an.
Zu Prozessbeginn im Januar hatte die Staatsanwaltschaft angeboten, das Verfahren einzustellen, sofern sich die ursprünglich fünf Angeklagten von Gewalt distanzierten und eine symbolische Geldauflage akzeptierten. Dies hatten die beiden nun Verurteilten abgelehnt.