![Gewalt gegen Ärzte Nach Angaben der Ärztekammer Schleswig-Holstein nimmt Gewalt gegen Mediziner dramatisch zu. (Symbolbild)](https://www.hansetipp.de/wp-content/uploads/2025/02/5tqblocvig-v10-ax-s2048-678x381.jpeg)
Kiel (dpa/lno) – Viele Ärztinnen und Ärzte im Norden nehmen einer aktuellen Umfrage der Ärztekammer Schleswig-Holstein zufolge einen Anstieg der Gewalt gegenüber ihrer Berufsgruppe wahr. «Die Ergebnisse haben ein erschreckendes Bild geliefert», sagte die Vizepräsidentin der Kammer, Doreen Richardt bei der Vorstellung der Umfrageergebnisse in Kiel.
Demnach haben 46 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer angegeben, dass Gewalt gegenüber Ärztinnen und Ärzten in den vergangenen drei Jahren zugenommen hat. Eine Abnahme hat nur ein Prozent wahrgenommen, wie Richardt sagte. 49 Prozent der befragten Medizinerinnen und Mediziner seien bereits persönlich von Gewalt betroffen gewesen.
55 Prozent der Vorfälle betrafen den Angaben zufolge verbale Gewalt, wie Drohungen oder Beleidigungen, in 32 Prozent der Fälle gab es körperliche Angriffe. In jedem dritten Fall wurde die Polizei eingeschaltet.
Folgen auch für das Arzt-Patienten-Verhältnis
Die Vorfälle haben demnach verschiedene, zum Teil erhebliche Auswirkungen. 15 Prozent der befragten Medizinerinnen und Mediziner litten unter psychischen Folgen wie Schlafstörungen, Albträumen oder Panikattacken, sagte Richardt. Fünf Prozent benötigen demnach eine Therapie zur Verarbeitung der Erlebnisse. In zehn Prozent der Fälle führten die Übergriffe zu körperlichen Verletzungen, etwa durch Bisse oder Schnittwunden.
«Besonders verheerend ist, dass Gewalttaten das Arzt-Patienten-Verhältnis nachhaltig verändern», sagte Richardt. So gaben 38 Prozent der befragten Medizinerinnen und Mediziner an, dass ihr Verhalten gegenüber Patienten nach einem Vorfall distanzierter und weniger empathisch geworden sei.
Notfallknöpfe und Sicherheitsdienste
Als Hauptgründe für die gestiegene Gewaltbereitschaft nennen die befragten Medizinerinnen und Mediziner unter anderem eine zunehmende Anspruchshaltung von Patienten, Unzufriedenheit mit der Gesundheitspolitik sowie kulturelle Missverständnisse. Besonders häufig eskaliert die Situation der Umfrage zufolge im Zusammenhang mit der Forderung nach schnellen Terminen, bestimmten Rezepten oder Untersuchungen.
Viele Einrichtungen haben bereits reagiert: Rund die Hälfte der Praxen und Krankenhäuser hat Notfallknöpfe installiert, Fluchtwege angepasst oder Deeskalationstrainings durchgeführt, wie Richardt weiter sagte. Auch Sicherheitsdienste und Hausverbote gehörten zu den Maßnahmen, um das Personal zu schützen.
Gesamtgesellschaftliche Debatte gewünscht
Es werde mehr Personal gewünscht, um eine bessere Patientenversorgung sicherzustellen, sagte Richardt mit Blick auf die Umfrage. Zudem brauche es strengere Gesetze zur Ahndung von Gewalttaten sowie eine schnellere Bearbeitung von Beschwerden.
Einigen Forderungen werde man zügig nachkommen, sagte Richardt. «Wir werden eine Aufklärungskampagne für Patienten über angemessenes Verhalten gegenüber dem medizinischen Personal entwickeln und erneut Trainings zur Gewaltprävention und Deeskalation für das medizinische Personal anbieten.»
Darüber hinaus brauche es eine gesamtgesellschaftliche Debatte über den Umgang mit medizinischem Personal und eine konsequente Ahndung von Gewalt gegen Ärztinnen und Ärzte. «Die Gesundheit und Sicherheit derjenigen, die tagtäglich für das Wohl der Patienten sorgen, darf nicht gefährdet werden», sagte Richardt.
An der Onlinebefragung im Januar haben rund 1.700 der etwa 15.000 berufstätigen Kammermitglieder teilgenommen. Das sei eine für Umfragen hohe Beteiligung.