Landtag ringt um Investitionskurs für Schleswig-Holstein

Nach dem Schuldenpaket von Bund und Ländern berät der Landtag über mögliche Investitionen im Norden. (Archivbild)
Nach dem Schuldenpaket von Bund und Ländern berät der Landtag über mögliche Investitionen im Norden. (Archivbild) Foto: Frank Molter/dpa

Kiel (dpa/lno) – Das Schuldenpaket von Bund und Ländern gibt auch Schleswig-Holstein zusätzlichen Spieltraum. Schwarz-Grün will zusätzliche Investitionen anschieben. «Dieser Aufbruch darf aber nicht bedeuten, dass wir in einen Goldrausch verfallen», warnte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) in einer Regierungserklärung. Seine Regierung wolle die neue Länderregelung zur Schuldenbremse besonnen und verantwortungsvoll nutzen. Das Land werde weiter den Haushalt sanieren und müsse den Menschen weiterhin etwas zumuten.

Der eigene Sanierungsstau sei bekannt, sagte Günther. «Dafür wollen wir die Mittel nutzen und die in den letzten Jahren angestoßenen 
Investitionen mit Hilfe des Bundes noch schneller umsetzen.» Das Sondervermögen Infrastruktur könne erhebliche zusätzliche Investitionen ermöglichen und Grundlagen für nachhaltiges Wachstum schaffen. Für 2025 kündigte der Regierungschef einen Nachtragshaushalt an. Aktuell enthält der Etat auch einen Notkredit über gut 270 Millionen Euro.

Sicherheit

Günther verwies auf die veränderte geopolitische Lage. «Wir erleben hier ganz konkret die Auswirkungen der hybriden Kriegsführung – wir sehen sie Tag für Tag auf der Ostsee.» Die Zeiten- und Sicherheitswende sei aber auch eine immense wirtschaftliche Chance. «Für unsere Resilienz duldet die Modernisierung des Landes keinen Aufschub. Deutschland hat in den vergangenen Jahren an Wirtschaftskraft verloren – und in vielen Bereichen auch den Anschluss.»

An die Länder sollen 100 der 500 Milliarden Euro aus einem Sondervermögen Infrastruktur gehen. Das Land müsse dringend Straßen, Schienen und Brücken sanieren, sagte Günther. «In Schleswig-Holstein müssen beispielsweise die A20, unsere Häfen und viele weitere Vorhaben unter diesem Blickwinkel als strategische Infrastruktur neu bewertet werden.»

Der Staat werde insgesamt mehr als eine Billion Euro an Schulden aufnehmen, sagte Günther. «Die Bürgerinnen und Bürger erwarten nach dieser tiefgreifenden Entscheidung, dass Bund und Länder schnell liefern und sich spürbar etwas ändert. Wenn wir die Dinge jetzt anpacken, können wir damit auch bereits verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen und Deutschland wieder auf Kurs bringen.»

Grünen-Fraktionschef Lasse Petersdotter will vor allem auf die Sanierung bereits bestehender Straßen setzen. «Die Bauwirtschaft wird von dem Schuldenpaket profitieren.» Es dürfe aber keine Konkurrenz zwischen Verteidigung und Sozialem entstehen.

Opposition

Oppositionsführerin Serpil Midyatli sprach von einem Aufbruch. Nötig sei ein Mentalitätswechsel, sagte die SPD-Politikerin. «Dieser Beschluss ist die Voraussetzung dafür, dass wir die äußere, die innere und die soziale Sicherheit eben nicht gegeneinander ausspielen.»

Midyatli vermisste konkrete Ansagen Günthers, was genau er den Menschen zumuten will. «Das Geld muss jetzt so eingesetzt werden, dass es nicht verpulvert.» Dazu gehörten etwa Kitaplätze für jedes Kind, Investitionen in Krankenhäuser. Das Paket gebe Günthers Regierung eine neue Chance.

FDP-Fraktionschef Christopher Vogt warnte dagegen davor, das Sondervermögen für konsumptive Ausgaben zu nutzen. Er sprach von einer Mitte-Links-Politik, die für noch mehr Frust sorgen werde. «Es ist ja nicht so, dass Deutschland bisher unter zu wenig Staatsverschuldung gelitten hätte.» Innovationen seien bislang vor allem durch Bürokratie ausgebremst worden.

SSW-Fraktionschef Christian Dirschauer mahnte eine gerechte Verteilung der Mittel über alle Regionen an.

Neue Schulden

Bundestag und Bundesrat haben über eine Grundgesetzänderung den Weg frei gemacht, über neue Schulden Milliardenbeträge in Verteidigung und Infrastruktur investieren zu können. Finanzministerin Silke Schneider (Grüne) begrüßte die Chance für Länder, sich durch die Lockerung der Schuldenbremse künftig mit 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verschulden zu dürfen, was ihnen bisher komplett verboten war.

Für den Geschäftsführer des Bundes der Steuerzahler, Rainer Kersten, nimmt die Grundgesetzänderung Druck bei der notwendigen Haushaltskonsolidierung. «Künftig wird eine höhere reguläre Neuverschuldung ermöglicht, die den Landtagsabgeordneten die Verpflichtung nimmt, in diesem Umfang Einsparungen zu beschließen.» Er befürchte, dass sich die Landesregierung von ihrem strukturellen Sparkurs, der eine jährliche Senkung der Ausgaben um 200 Millionen Euro vorsah, wieder verabschieden werde.

Der Landkreistag forderte eine faire Aufteilung der Infrastrukturmittel. «Der weit überwiegende Teil der Infrastrukturen, die für die Bevölkerung jeden Tag erlebbar sind, finden sich in den Kommunen. Diese müssen daher vom Sondervermögen des Bundes in besonderer Weise profitieren», sagte der Vorsitzende Henning Görtz (CDU).