Rendsburg (dpa/lno) – Das geschäftig-freundliche Treiben zur Eröffnung der Agrarmesse Norla in Rendsburg täuscht etwas darüber hinweg, dass es bei den Landwirten brodelt. Der Präsident des Bauernverbands Schleswig-Holstein, Klaus-Peter Lucht, formuliert seine Erwartung an Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) klar, denn der Regierungschef hat sich zum Landesbauerntag am Freitag angekündigt. «Ich habe ihm deutlich gesagt, es ist die Stunde der Wahrheit. Ich erwarte da auch Kompromissbereitschaft», so Lucht.
Der Bauernpräsident nannte Ostseeschutz-, Knick- und Moorschutz sowie Bürokratie als drängende Themen, die den Landwirten Probleme bereiten. Die mäßige Ernte und niedrige Weltmarktpreise für Getreide tragen zur schlechten Stimmung bei. Lucht fordert, dass die Vorschläge der Bauern ernst genommen werden. «Wir als Bauernverband haben uns nie verweigert», sagte Lucht. Zu Beginn des Jahres hatten Bauern auch in Schleswig-Holstein ihrem Ärger in großen Demonstrationen Luft gemacht, nachdem die Bundesregierung die Subvention beim Agrardiesel streichen wollte.
Bauern verlangen Strategie für synthetische Treibstoffe
Der Verbandspräsident forderte die Bundesregierung auf, die jetzt laufende dreijährige Frist beim Agrardiesel zu nutzen, um ausreichende Mengen synthetischer Kraftstoffe zur Verfügung zu stellen, damit Traktoren, Mähdrescher und andere Geräte damit betrieben werden können.
Lucht betonte den Wert der familiengeführten Betriebsstrukturen im Norden, die es zu erhalten gelte. «Das muss das Kernziel sein und das muss Politik auch verstehen.» Die Unternehmen bräuchten Entscheidungsfreiheit. Die Bürokratie müsse begrenzt werden.
Landesminister Schwarz: «Keine leeren Worthülsen»
Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU) versicherte mit Blick auf die Proteste der Bauern vom Jahresanfang, die Landesregierung arbeite Seite an Seite mit der Landwirtschaft daran, konkrete Erleichterungen auf den Weg zu bringen. «Dabei ist uns wichtig, keine leeren Worthülsen zu produzieren, sondern wirkliche, spürbare Entlastungen zu schaffen.»
Landtagsvizepräsidentin: Sorgen ernst nehmen
Die Vizepräsidentin des Landtags, Eka von Kalben (Grüne), sagte, die Politik müsse die Sorgen der Menschen im ländlichen Raum ernst nehmen, damit ihr Vertrauen aufrechterhalten bleibe oder wiederhergestellt werde. «In unserer Gesellschaft wird immer viel zu viel übereinander geredet und viel zu wenig miteinander.» Aufgabe der Politik sei es, Entscheidungen gut zu erklären. Das Wesen der Demokratie und des Kompromisses sei aber auch, dass nicht immer alle einverstanden seien. «Die Norla bietet die ideale Plattform für einen Austausch aller Menschen, die mit der Landwirtschaft zu tun haben.»
Nach von Kalbens Überzeugung müsse den Menschen verdeutlicht werden, wie hart die Arbeit in einem landwirtschaftlichen Betrieb sei. Ein Euro für einen Liter Milch sei nicht gerade viel Geld. Es müsse faire Preise geben, der Wert der Nahrungsmittel müsse in die Köpfe der Menschen. «Wer in der Landwirtschaft lebt, muss damit Geld verdienen können», betonte die Vizepräsidentin. Direkt an die Bauern gewandt, ergänze von Kalben: «Sie haben einen Anspruch auf die Unterstützung der Politik.»
Messe mit Neuerungen
Zur 74. Norla hat die Rendsburger Messe nach Angaben von Geschäftsführer Klaus Drescher mehr als 1,1 Millionen Euro in zwei neue Leichtbauhallen mit jeweils 2.100 Quadratmetern Fläche investiert. Passend zur Ausstellung, bei der es immer öfter auch um Informationstechnik in der Landwirtschaft geht, verfügt das Messegelände jetzt erstmals über flächendeckendes WLAN.
Die Agrarmesse und Verbraucherausstellung mit mehr als 550 Ausstellern läuft noch bis Sonntag.