Kiel (dpa/lno) – Nach einer hitzigen Debatte hat Schleswig-Holsteins Landtag eine Novelle des Kita-Gesetzes beschlossen. «Gemeinsam mit den Koalitionsfraktionen haben wir den finanziellen Rahmen beschlossen, die inhaltliche Ausgestaltung miteinander abgestimmt und die Zukunft unseres Kita-Systems auf neue Beine gestellt», sagte Sozialministerin Aminata Touré (Grüne) in ihrer Rede. Das Gesetz soll zum 1. Januar 2025 in Kraft treten.
Mit Blick auf eine Finanzierungslücke von 110 Millionen Euro im Kita-System sollen allein 70 Millionen Euro durch weniger Bürokratie und flexiblere Regeln wie Anpassungen im Personalschlüssel eingespart werden. So ist es laut Touré gelungen, die Verlässlichkeit zu steigern, Qualität zu sichern und eine faire Finanzierungsverteilung auf den Weg zu bringen, ohne die Elternbeiträge zu erhöhen.
Ferner sei auf Empfehlungen der Verbände, der Kommunen, der Gewerkschaften und der Fachkräfte im Gesetz Rücksicht genommen worden. «Allerdings konnte die Koalition die Anregungen der Opposition wirklich schwer berücksichtigen in der Anpassung des Gesetzes, denn es gab keine», kritisierte die Sozialministerin.
Wie sehen die kommenden Änderungen aus?
Aktuell gibt es bei den Kitas in Schleswig-Holstein eine Finanzierungslücke von 110 Millionen Euro. Allein bei den Sachkosten fehlen laut Ministerium 40 Millionen. Die bestehende Lücke will Touré durch jeweils 20 Millionen Euro mehr von Land und Kommunen sowie durch Anpassungen der Kita-Standards schließen.
Nach Ministeriumsangaben erhalten Kitas, die den Personalschlüssel von 2,0 pro Kitagruppe statistisch unterschreiten, derzeit das volle Geld. Das soll sich künftig ändern. Eine Senkung der Standards soll damit nicht einhergehen.
Der sogenannte Personalschlüssel ist flexibel. 1,5 sind das Minimum, mehr als 2,0 bezahlt das Land nicht. Ein Personalschlüssel von 2,0 bedeutet, dass auf eine Kita-Gruppe mit 20 Kindern 2 Fachkräfte kommen.
Reform von 2021 beruhte nur auf Annahmen
Touré sprach bei der Neuerung zuvor von einer «passgenaueren Pauschale» – und von bislang überschüssigem Geld im System. Die Reform von 2021 habe nur auf Annahmen beruht, die nun überprüft worden seien. Künftig gebe es weniger Bürokratie und Dokumentationsaufwand für Fachkräfte und Kommunen.
Ferner soll ein Monitoring die Wirkung der Gesetzesänderung begleiten. So soll laut der Sozialministerin nach zwei Jahren etwa die Ausschöpfung des Personalbudgets nach dem neuen Anstellungsschlüssel und die Ausfallzeiten der Betreuungskräfte überprüft werden.
SPD-Fraktionschefin fordert Rücknahme der Reform
Die Oppositionsparteien SPD, FDP und SSW, die im Kieler Landeshaus geschlossen gegen die Reform stimmten, äußerten lautstark ihre Kritik: SPD-Fraktionsvorsitzende Serpil Midyatli forderte in ihrer Rede sogar, die geplante Gesetzesänderung komplett zurückzunehmen.
«Die Verlässlichkeit der Kitas wird auch durch diese Reform nicht verbessert», erklärte Midyatli. Ihrer Ansicht nach wird die Bildungs- und Betreuungsqualität sinken, weil CDU und Grüne am Personalbudget sparen.
Allein bis 2030 fehlten mindestens 2.400 Fachkräfte, so die SPD-Fraktionschefin. «Wenn die Günther-Regierung jetzt die Rahmenbedingungen der Kitas weiter verschlechtert, werden die zusätzlichen Fachkräfte nicht in den Kitas ankommen», sagte sie. Und auch in Zukunft werde mit der Gesetzesnovelle kein neues Personal gewonnen.
FDP-Abgeordneter Garg: Anstellungsschlüssel kann Lücke nicht schließen
Der FDP-Abgeordnete Heiner Garg bemängelte, dass durch die Änderungen die Finanzierungslücke von 70 Millionen Euro nicht geschlossen werde. Der neue Anstellungsschlüssel kann aus seiner Sicht gar nicht erfüllen, was sich die Landesregierung davon verspricht. Stattdessen werde das Geld aus dem System «geschnitten».
«Laut Rechnungshof steht mit dieser Reform ein 1,8 Milliarden Euro-Projekt zur Abstimmung, für das es streng genommen keine finanzielle Transparenz gibt», kritisierte der SSW-Abgeordnete Christian Dirschauer. Nach Angaben des Sozialministeriums stecken im Kita-System künftig 1,8 Milliarden Euro. Einen großen Teil tragen die Kommunen, 2025 gibt das Land 757 Millionen Euro dazu, 60 Millionen mehr als 2024.
Zudem bestünden auf Seite der Kitaträger Bedenken, ob das Qualitätsniveau unter den gegebenen Umständen ansatzweise gehalten werden könne, sagte Dirschauer. Und in den Kommunen befürchte man finanzielle Mehrbelastungen.