
Kiel (dpa/lno) – Keine Einigkeit herrscht im Schleswig-Holsteinischen Landtag über die Frage einer Arbeitszeiterfassung für Lehrkräfte: Die SPD-Fraktion scheiterte mit einem Antrag, die Landesregierung möge die Einführung von Arbeitszeiterfassung vorbereiten. Bildungsministerin Karin Prien (CDU) machte deutlich, sie werde in der laufenden Legislaturperiode das Thema nicht mehr anfassen. In Bremen und Sachsen würden entsprechende Modellprojekte erprobt. Die Ergebnisse sollten abgewartet werden, machten auch Redner der Regierungsfraktionen CDU und Grüne deutlich.
Prien zweifelt, dass Arbeitszeiterfassung Beruf attraktiver macht
Prien bezweifelte, ob eine Arbeitszeiterfassung die Attraktivität des Lehrerberufs steigern könne. Viele Lehrkräfte schätzten gerade die Flexibilität und fänden es wahrscheinlich nicht gut, wenn eine Arbeitszeiterfassung sie verpflichten würde, den gesamten Arbeitstag in der Schule zu verbringen.
Der CDU-Abgeordnete Martin Balasus betonte, die Arbeitszeit ende nicht mit dem Klingeln. Er sieht Schwierigkeiten bei einer Arbeitszeiterfassung etwa in den Ferienzeiten, die zwar unterrichtsfrei, aber nicht ohne Arbeit seien. Er sprach sich dafür aus, den Versuch in Bremen abzuwarten und die Ergebnisse in der Kultusministerkonferenz (KMK) zu besprechen.
Aus Sicht von Malte Krüger (Grüne) ist es nicht einfach, die Arbeitszeit systematisch zu erfassen. Juristisch sei auch nicht geklärt, ob die zugrunde liegende Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofs auf Lehrkräfte angewendet werden müsse.
Waldinger-Thiering empfiehlt Blick nach Dänemark
Jette Waldinger-Thiering (SSW) vertrat dagegen die Ansicht, dass eine Arbeitszeiterfassung für alle Arbeitnehmer in Deutschland verpflichtend sei. Bisher sei keine praktische Umsetzung für Lehrkräfte gelungen. «Dabei könnten wir einfach mal über die Grenze gucken.» In Dänemark gebe es das bereits. Geklärt werden müsse zunächst, was mit Überstunden passiere. Vorher sollte eine Arbeitszeiterfassung nicht eingeführt werden. Außerdem betonte Waldinger-Thiering: «Wir wollen keine Insellösung.» Eine Arbeitszeiterfassung für Lehrkräfte müsse in ganz Deutschland identisch sein.
Prien verwies auf Hamburg, wo bereits schlechte Erfahrungen gemacht worden seien. «Ich kann nur davon abraten.» Die Bundesländer vertreten ihren Angaben zufolge in der KMK die Auffassung, dass eine Bereichsausnahme von der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung notwendig sei.
SPD-Fraktion fordert Maßnahmen gegen Lehrermangel
Der SPD-Abgeordnete Martin Habersaat plädierte für eine Arbeitszeiterfassung und forderte außerdem Maßnahmen gegen den Mangel an Lehrkräften in Schleswig-Holstein. Nur knapp 17 Prozent der Lehrer blieben bis zum Erreichen der regulären Altersgrenze im Dienst. Die Anzahl der Lehrkräfte müsse parallel zu wachsenden Schülerzahlen steigen, forderte er. Stattdessen gebe es weniger Lehrer im System.
Prien widersprach. Der Lehrerberuf gehöre zu den bestbezahlten Berufen im öffentlichen Dienst. Allerdings gebe es ein demografisches Problem, nämlich mehr Schüler und weniger Lehrernachwuchs. Damit müsse man pragmatisch umgehen, etwa mit mehr Quereinsteigern und mehr Lehrern aus dem Ausland. Wer keine akademische Ausbildung habe, könne aber aus Gründen der Unterrichtsqualität kein Lehrer werden.
Auch Anne Riecke von der FDP sieht im Lehrermangel ein drängendes Problem. Die Attraktivität des Berufs müsse erhöht werden. Lehrer benötigten Zeit, um hochwertigen Unterricht vorzubereiten. Sie sollten von administrativen Aufgaben entlastet werden. Schleswig-Holstein könnte von anderen Ländern lernen, den Beruf für junge Leute attraktiver zu machen.