Kiel (dpa/lno) – Schleswig-Holsteins Landtag will ein Gesetz zum besseren Schutz von Opfern häuslicher Gewalt auf den Weg bringen. 2023 habe es 8.582 Fälle von häuslicher Gewalt in Schleswig-Holstein gegeben, sagte Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) im Plenum. «Das sind erschreckende Zahlen.»
Das Land beabsichtigt, sich dabei am sogenannten spanischen Modell zu orientieren. In Spanien können Näherungsverbote mittels GPS überwacht werden. Mit einer sogenannten mobilen Schutzzone werden Frauen auch außerhalb ihrer Wohnung vor Zufallsbegegnungen mit Tätern im Alltag gewarnt und geschützt.
Die schleswig-holsteinische Innenministerin sagte: «Polizistinnen und Polizisten tun schon jetzt alles, um Gewalt an Frauen zu verhindern, sind aber oft am Ende ihrer rechtlichen Möglichkeiten.» Mit dem im Landtag vorgelegten Gesetzesantrag von CDU und Grünen sollten daher weitere Schutzlücken geschlossen werden.
Ziel ist das spanische Modell
So sollen etwa die Hürden für Wohnungsverweise sowie Betreuungs-, Kontakt- und Näherungsverbote gesenkt werden. Zudem könnte auch die Kontaktaufnahme von Tätern zu nahestehenden Angehörigen oder Kindern untersagt werden.
Ein weiterer Baustein sei die elektronische Fußfessel, die nach richterlichem Beschluss mit dem Gesetz auch bei häuslicher und partnerschaftlicher Gewalt verordnet werden könne. «Mit dem Gesetzentwurf wollen wir als erstes Bundesland die rechtliche Grundlage für die elektronische Aufenthaltsüberwachung im sogenannten spanischen Modell schaffen», sagte Sütterlin-Waack.
Opposition hat Fragen zur Ausgestaltung
Die drei Oppositionsparteien SPD, FDP und SSW unterstützten den geplanten Gesetzesentwurf. «Jeden Tag versucht ein Expartner oder ein Partner, eine Frau zu ermorden. Jeden dritten Tag wird in Deutschland eine Frau von ihrem Partner oder Expartner ermordet», betonte die SSW-Abgeordnete Jette Waldinger-Thiering. Daher müsse nun auch «beim Allerletzten» angekommen sein, dass es ein gesamtgesellschaftliches, strukturelles Problem gebe.
Allerdings blieben auch Fragen zur Ausgestaltung. So lobte die SPD-Abgeordnete Sophia Schiebe zwar, dass die Gesetzesänderung darauf abziele, die Rechte der Opfer zu stärken und sie vor weiterer Gewalt zu schützen. «Täter können sich nicht mehr unbeachtet fühlen», erklärte sie.
Es müsste ihrer Ansicht nach allerdings sichergestellt werden, dass der Gesetzesvorschlag «wasserdicht ist» und damit eine rechtssichere Erweiterung polizeilicher Maßnahmen möglich sein werde. Es dürfe keine Ermessensspielräume geben, die dazu führten, dass Judikative oder Exekutive vor der Anwendung der Maßnahmen zurückschreckten.
FDP kritisiert Voraussetzung für Fußfessel
Der FDP-Abgeordnete Bernd Buchholz kritisierte hingegen, dass die Anordnung für das Tragen einer elektronischen Fußfessel an genau dieselben Eingriffsvoraussetzungen gekoppelt sei wie das Aussprechen eines Kontaktverbotes. Dies sei unverhältnismäßig.
Zunächst müsse ein Kontaktverbot angeordnet werden, erst wenn dieses übertreten worden sei, könne eine elektronische Fußfessel folgen. «Das gleichzeitige Anordnen unter denselben Voraussetzungen wie überhaupt das Aussprechen eines Kontaktverbotes halte ich für äußerst zweifelhaft», erklärte Buchholz.
Gesetz in Ausschuss überwiesen
Der Gesetzesentwurf wurde von allen Landtagsfraktionen einstimmig in den Innen- und Rechtsausschuss und mit beratend in den Sozialausschuss überwiesen. Anschließend soll der Entwurf in zweiter Lesung erneut dem Landtag vorgelegt werden.