Messerstiche in Fußgängerzone – Keine terroristische Tat

Gegen den Verdächtigen wird wegen versuchten Totschlags in zwei Fällen und gefährlicher Körperverletzung ermittelt. (Symbolbild)
Gegen den Verdächtigen wird wegen versuchten Totschlags in zwei Fällen und gefährlicher Körperverletzung ermittelt. (Symbolbild) Foto: Marcus Brandt/dpa

Kiel (dpa/lno) – Im Fall eines Messerangriffes in der Kieler Fußgängerzone wird nach Angaben der leitenden Oberstaatsanwältin nicht von einem terroristischen Hintergrund ausgegangen. «Sonst würde der Fall vom Generalbundesanwalt in Karlsruhe bearbeitet», sagte Birgit Heß im Innen- und Rechtsausschuss des Kieler Landtages. 

Am 25. Januar war ein 28 Jahre alter Kurde mit türkischer Staatsangehörigkeit am Rande einer Kurden-Demonstration in der Innenstadt mit einem Messer schwer verletzt worden. Mittlerweile wird laut der Staatsanwaltschaft Kiel neben gefährlicher Körperverletzung auch wegen versuchten Totschlags in zwei Fällen ermittelt.

Am 13. Februar sei daher ein Tatverdächtiger festgenommen worden, sagte Staatsanwältin Hanna Schmücker-Borgwardt. Seitdem befinde sich der 25-Jährige in der Justizvollzugsanstalt Neumünster. 

Landgericht erlässt Haftbefehl

Zunächst sei nur von gefährlicher Körperverletzung ausgegangen worden. Allerdings wurde eine Beschwerde beim Amtsgericht Kiel eingebracht, die eine differenzierte Betrachtung der Beweise verlangte. So hätten die weiteren Ermittlungen etwa ergeben, dass der Verdächtige nicht nur mit dem Messer in den Bauch eines 28-Jährigen gestochen hätte – sondern auch versucht habe, den Hals und die Brust zu treffen. 

Ebenfalls hätte sich der Angriff wahrscheinlich auch gegen den Begleiter des Verletzten gerichtet. Aufgrund der Beschwerde hob das Landgericht Kiel laut Schmücker-Borgwardt den ersten Beschluss des Amtsgerichts auf und erließ einen Haftbefehl. Zudem gehe das Gericht auch nicht von einer Tat aus Notwehr aus.

Verdächtiger zuerst entlassen

Kurz nach der Tat stellte sich der 25-jährige Tatverdächtige bereits bei der Polizei in Ratekau. Da damals noch nur wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt wurde, wurde er daraufhin allerdings wieder entlassen. Ein Haftgrund wegen einer bestehenden Fluchtgefahr habe nicht vorgelegen.

Direkt nach dem Vorfall hatte die Polizei zunächst einen anderen Mann in Tatortnähe festgenommen. Der 29-Jährige kam später wieder auf freien Fuß, weil es sich laut Polizei nicht um den Täter handelte.

Viele Fragen zum Tathintergrund

Der kurdische Dachverband Kon-Med sprach in einer Mitteilung Ende Januar von einem brutalen Angriff auf einen kurdischen Aktivisten. Laut Zeugen habe sich der Tatverdächtige vor der Tat zugunsten der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) geäußert. Der Verband forderte damals, dass die genauen Hintergründe der Tat ermittelt und ein möglicher Bezug zum IS dargelegt werden müssen.

Nach Angaben einer Sprecherin der Polizei gebe es auch Ermittlungen, ob die Nationalität der Beteiligten eine Rolle gespielt hat. In der Nähe des Tatorts hatte es zur gleichen Zeit eine kurdische Demonstration gegeben. Bei dem Opfer handelt es sich um einen türkischen Staatsbürger. Der Tatverdächtige und der zwischenzeitlich festgenommene Mann sind Syrer.

Verdächtiger bereits polizeilich bekannt

Der 25 Jahre alte mutmaßliche Täter war 2016 nach Deutschland gekommen, wie Sozialstaatssekretärin Silke Schiller-Tobies bereits Anfang Februar in einer Sitzung zum Vorfall im Innen- und Rechtsausschuss sagte. Der Syrer habe subsidiären Schutz erhalten. Seine Aufenthaltserlaubnis sei noch bis Dezember gültig.

Der Mann sei vor der Tat zwar polizeilich in Erscheinung getreten, sagte Schiller-Tobies. Die Verfahren seien aber eingestellt worden. Deshalb sei vor dem Vorfall keine aufenthaltsrechtliche Überprüfung durch die zuständige Ausländerbehörde des Kreises Ostholstein erfolgt.