Kiel (dpa/lno) – In Schleswig-Holsteins SPD ist ein Zweikampf um die Spitzenkandidatur für die Landtagswahl entbrannt. Die Landesvorsitzende Serpil Midyatli und der stellvertretende Landeschef Ulf Kämpfer erklärten am Nachmittag ihr Interesse daran. «Wir können es beide besser als Daniel Günther CDU» der Ministerpräsident, sagte Midyatli.
«Wir stellen uns frühzeitig auf, um die amtierende Regierung herauszufordern und wieder selbst Regierungsverantwortung übernehmen zu können», sagte Kämpfer. Bei einer Urabstimmung nach der Bundestagswahl 2025 sollen die aktuell knapp 14.500 Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten über die Spitzenkandidatur entscheiden. Schleswig-Holstein wählt 2027 einen neuen Landtag.
Midyatli ist seit 2019 Landesvorsitzende im Norden und auch Bundesvize ihrer Partei. Die 49-Jährige ist Fraktionschefin und Oppositionsführerin im Landtag. Der 52 Jahre alte Kämpfer war früher Umweltstaatssekretär unter dem damaligen schleswig-holsteinischen Umweltminister Robert Habeck (Grüne). Seit 2014 ist er Kieler Oberbürgermeister, will aber nicht erneut als Verwaltungschef kandidieren.
Parteitag im März
Am 15./16. März will die SPD auf einem Landesparteitag ihren Landesvorstand neu wählen. Midyatli will dann erneut als Landesvorsitzende kandidieren, Kämpfer wieder für den Stellvertreter-Posten antreten.
Regierungschef Günther bewundere die Probleme nur noch, es gebe keine Lösungen der Landesregierung für die Alltagssorgen der Menschen, sagte Midyatli. «Ich glaube, dass ich mit meinem Profil eine echte Alternative darstelle.» Beide SPD-Kandidaten hätten unterschiedliche Profile.
Kämpfer betonte, er wolle Ministerpräsident von Schleswig-Holstein werden. «Ich gehe fest davon aus, dass Daniel Günther wieder antritt. Was soll er sonst machen?» Ihm warf er Stockfehler und der Koalition mit Blick auf die geplante Gerichtsreform «handstreichartig brachiale Manöver» vor.
Als Ministerpräsident wolle er eine Mietpreisbremse durchsetzen, die Mittel für den sozialen Wohnungsbau erhöhen und Bürokratie im Baurecht abbauen, sagte Kämpfer. Die Wahl werde aber kein Selbstläufer. «Garantien gibt es in der Politik nicht.»
Gute Erfahrungen
Mit einem Mitgliederentscheid hat die Nord-SPD gute Erfahrungen. 2011 warf der damalige Kieler Oberbürgermeister Torsten Albig seinen Hut in den Ring und forderte den damaligen Landesvorsitzenden Ralf Stegner erfolgreich heraus. 2012 gewann die SPD die Landtagswahl und regierte bis 2017 mit Grünen und dem SSW.
2017 unterlagen die Sozialdemokraten klar gegen die CDU mit dem von ihnen unterschätzten Günther an der Spitze. Der regierte fortan mit einem Jamaika-Bündnis aus CDU, Grünen und FDP. Bei der Landtagswahl siegte Günthers Union mit 43,4 Prozent klar, nur ein Sitz fehlte zur absoluten Mehrheit. Seitdem regiert Schwarz-Grün.
Für Stegner nahm der Ausgang des Mitgliederentscheids übrigens ein gutes Ende. Der frühere Innenminister arrangierte sich nach seiner klaren Niederlage für viele überraschend mit Albig. Eine Legislaturperiode lang waren sie maßgebliche Führungsfiguren der SPD-geführten Landesregierung. Den Landesvorsitz behielt der streitbare Stegner noch bis 2019. Dann trat Midyatli in seine Fußstapfen.
Bei der Landtagswahl 2022 war die SPD mit 16 Prozent hinter CDU und Grünen nur auf Rang drei gelandet. «Ich bin daran gewachsen», sagte Midyatli. Sie und Kämpfer setzen auf eine Mobilisierung der Partei durch die Urwahl bereits im davor liegenden Bundestagswahlkampf.