Gasbohrungen vor Borkum: Scheinheilige Doppelmoral

Nur wenige Kilometer, aber in Sichtnähe des Borkumer Strandes, werden die gigantischen Gasfördertüme stehen. FOTO: ADOBE STOCK

Die Genehmigung der Gasbohrungen in der Nordsee vor Borkum offenbart eine besorgniserregende Doppelmoral in der deutschen Energiepolitik. Einerseits präsentiert sich Deutschland gerne als Vorreiter in Sachen Klimaschutz und setzt sich auf internationaler Bühne für strenge Umweltstandards ein. Andererseits wird im eigenen Land die Förderung fossiler Brennstoffe in sensiblen Ökosystemen wie der Nordsee vorangetrieben, was den eigenen Klimazielen widerspricht.

Der Schutz des UNESCO-Weltnaturerbes Wattenmeer und der umliegenden Inseln sollte oberste Priorität haben. Dennoch wird hier ein Projekt genehmigt, das potenziell irreversible Schäden an einzigartigen Lebensräumen verursachen kann. Umweltschützer und Klimabewegungen wie Fridays for Future haben zu Recht auf die Gefahren hingewiesen, die durch die Gasbohrungen drohen – von der Zerstörung von Unterwasserbiotopen bis hin zur Beeinträchtigung des empfindlichen Ökosystems.

Es ist auch bezeichnend, dass diese Genehmigung in einer Zeit erteilt wird, in der Deutschland offiziell den Ausstieg aus fossilen Energien verkündet. Das Argument, dass heimisches Erdgas weniger klimaschädlich sei als importiertes, ist bestenfalls kurzsichtig. Es zementiert eine Abhängigkeit von fossilen Energieträgern, statt den dringend benötigten Ausbau erneuerbarer Energien konsequent voranzutreiben.

Die Entscheidung zeigt, wie wirtschaftliche Interessen oft über den Umweltschutz gestellt werden. Solange Erdgas gefördert wird, bleiben die Versprechen der Energiewende bloße Lippenbekenntnisse. Es ist an der Zeit, dass Deutschland sich klar zu seinen Klimazielen bekennt und nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Praxis danach handelt. Der Schutz unserer Umwelt und die Erhaltung unserer natürlichen Lebensräume dürfen nicht den kurzfristigen Interessen der fossilen Energieindustrie geopfert werden. Diese Doppelmoral muss ein Ende haben, wenn wir wirklich eine nachhaltige Zukunft anstreben.

Sven Wolter-Rousseaux