Gestresste Schweinswale – Umweltschützer fordern Entspannung

Mehrere Umweltverbände fordern konsequenteren Schutz für Schweinswale - auch vor Sylt.
Mehrere Umweltverbände fordern konsequenteren Schutz für Schweinswale - auch vor Sylt. Foto: Lea Albert/dpa

Hörnum/Kiel (dpa/lno) – Umweltschutzverbände haben einen besseren Schutz der bedrohten Schweinswale gefordert. Selbst im Walschutzgebiet vor Sylt und Amrum reiche der Schutz bisher nicht aus, teilten die Verbände in Hörnum bei einer Veranstaltung zum Thema mit. Hier überreichten sie auch ein Positionspapier mit Forderungen an Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne). 

«Zu viele Tiere sterben eines unnatürlichen Todes: Vielfältige Krankheiten sind oft der Grund dafür», sagte Alexander Diehl von der Gesellschaft zur Rettung der Delphine. Der Gesundheitszustand der Schweinswale sei schlecht – Stress und Störungen belasteten das ohnehin geschwächte Immunsystem der Tiere zusätzlich. Es bleibe wenig Raum für den Naturschutz, weil die Nordsee unter extremer Belastung stehe und zum Beispiel durch Windräder, Schifffahrt, Fischerei und auch Tourismus vielfältig genutzt werde.

Walschutzgebiet seit 25 Jahren

Das Walschutzgebiet wurde vor mehr als 25 Jahren als Teil des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer eingerichtet. Obwohl das Gebiet eines der wichtigsten Fortpflanzungsgebiete des Schweinswals sei, gehe die Zahl der Tiere seit Jahren zurück, teilten die Verbände mit. Als äußerst lärmempfindliche Meeressäuger leiden Schweinswale den Angaben zufolge unter den Folgen internationaler Fischerei, des lärmintensiven Baus von Offshore-Windparks und des zunehmenden schnellen Schiffsverkehrs zu den Anlagen.

«In den nächsten zwei Jahren werden wir verstärkt Öffentlichkeitsarbeit für diese Themen leisten, damit es irgendwann auf EU-Ebene kommen kann, zum Beispiel beim Thema Fischerei», sagte Charlie Esser, Naturbotschafterin auf Sylt. Ziel sei es daher, dass sich die Schweinswal-Population grundsätzlich verbessere und aktiv zu handeln, wenn die Tiere auch zukünftig vor unserer Küste heimisch bleiben sollten. 

«Die Ausweisung des Walschutzgebiets auf dem Papier allein reicht nicht aus, um die Population der Schweinswale in der Nordsee zu sichern», teilte das Bündnis mit. 

Verbände stellen Forderungen auf 

Die Naturschutzverbände fordern verstärkte Schutzmaßnahmen, vor allem ein Stellnetzverbot und ein Verbot für die sogenannte Gammelfischerei auch für ausländische Fischkutter im Walschutzgebiet. Bei der Gammelfischerei wird Fisch ausschließlich gefangen, um ihn zu Fischmehl oder
Fischöl zu verarbeiten. 

Des Weiteren setzen sich die Verbände für eine geringere Geschwindigkeit und entsprechende Kontrolle des Schiffsverkehrs im und um das Walschutzgebiet ein sowie für eine Beibehaltung des Verbots von Windenergieanlagen in den Meeresschutzgebieten. 

Schweinswalpopulation geht zurück 

Nach der deutschen Roten Liste ist der Schweinswal (Phocoena phocoena) als stark gefährdete Art eingestuft. Vor allem das Vorkommen in der Ostsee von Deutschlands einziger heimischer Walart ist bedroht. Nach Angaben der Deutschen Wildtier Stiftung sind das Ersticken in Stellnetzen, eine schleichende Vergiftung durch Schadstoffe im Meer und Unterwasserlärm die größten Gefahren für die Tiere.

In der deutschen Ostsee leben nach früheren Angaben des Umweltministeriums Schätzungen zufolge zwischen 2.600 und 5.300 und in der deutschen Nordsee zwischen 13.250 und 27.000 Schweinswale. Aktuelle Untersuchungen deuteten darauf hin, dass die Schweinswalbestände der deutschen Nordsee langfristig abnehmen würden.

Minister betont Bedeutung des Meeresnaturschutzes

Minister Goldschmidt betonte, wie wichtig der Schutz der Meeressäuger sei. Man habe bereits viel im Meeresnaturschutz erreicht, «aber der Nutzungsdruck auf unsere Meere steigt und wir müssen unsere Schutzbemühungen dem anpassen». Es lohne sich für den Schweinswal zu arbeiten, denn damit arbeite man auch für die Menschen. «Geht es den Walen schlecht, steht es auch um unsere Meere nicht gut», sagte er. 

Er erinnerte daran, dass ein Dialog zur nationalparkverträglichen Zukunft der Krabbenfischerei begonnen habe. Zudem stehe der Schutz der Schweinswale beim Schallschutz in der Nordsee im Mittelpunkt. Für diesen setze er sich auf Bundesebene bei der Umsetzung der Energiewende ein. «Und auch die im Walschutzgebiet geplanten Maßnahmen zur Industriefischerei auch für ausländische Fischer werden wir wieder aufgreifen.»

Das innere Wattenmeer sei das Zuhause vieler enorm wichtiger Lebensraumtypen, welche die Balance dieses einzigartigen Naturraums sicherstellten, sagte Goldschmidt. «Die Abwägung verschiedener Interessen im Nationalpark bleibt ein Drahtseilakt – aber wir stellen uns dieser Herausforderung.»