Senat: Cannabis-Gesetz hat Rauschgifthandel nicht reduziert

Die meisten Cannabis-Konsumenten züchten keine Pflanzen, sondern kaufen sich nach Einschätzung der Hamburger Polizei ihr Marihuana oder Haschisch auf dem illegalen Markt. (Archivbild)
Die meisten Cannabis-Konsumenten züchten keine Pflanzen, sondern kaufen sich nach Einschätzung der Hamburger Polizei ihr Marihuana oder Haschisch auf dem illegalen Markt. (Archivbild) Foto: Christian Charisius/dpa

Hamburg (dpa/lno) – Die weitgehende Legalisierung des Cannabiskonsums vor einem Jahr sollte den Gesundheitsschutz stärken und den illegalen Drogenhandel eindämmen. Nach Einschätzung des Hamburger Senats sind diese Ziele nicht erreicht worden. «Die Befürchtungen der Sicherheitsbehörden haben sich als durchaus begründet erwiesen. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass die Teillegalisierung den illegalen Markt in irgendeiner Weise eingedämmt oder die Nachfrage reduziert hat», erklärte der Sprecher der Innenbehörde, Daniel Schaefer.

Illegaler Rauschgifthandel nicht zurückgegangen

Zwar zeige die polizeiliche Kriminalstatistik für 2024 einen Rückgang bei den Rauschgiftdelikten um 33 Prozent. Dabei handele es sich überwiegend um Konsumentendelikte. Zugleich wurden aber fast 1.000 Verstöße gegen das neue Konsumcannabisgesetz registriert. Dabei ging es meist um Handel, Schmuggel oder Besitz größerer Mengen Cannabis.

Berücksichtige man zudem die Zahl der Handels- und Schmuggeltaten nach dem Betäubungsmittelgesetz, so werde deutlich, dass der Rauschgifthandel offensichtlich nicht zurückgegangen sei, erklärte Schaefer.

Acht Anbauvereinigungen zugelassen

Seit dem 1. April vergangenen Jahres dürfen über 18-Jährige in Deutschland 25 Gramm Haschisch oder Marihuana bei sich haben. Zu Hause ist der Besitz von 50 Gramm erlaubt. Außerdem dürfen drei Pflanzen pro Erwachsenem angebaut werden.

Seit dem 1. Juli sind nicht kommerzielle Anbauvereinigungen mit bis zu 500 Mitgliedern erlaubt. In den Clubs können Erwachsene Cannabis gemeinsam anbauen und untereinander zum Eigenkonsum abgeben.

In Hamburg sind inzwischen acht Anbauvereinigungen zugelassen worden, weitere zehn Anträge gingen beim zuständigen Bezirksamt Altona ein, wie ein Sprecher des Amtes mitteilte.

Konsumenten kaufen auf illegalem Markt

Für die Hamburger Polizei ist klar, dass der private Anbau beziehungsweise die wenigen Anbauvereinigungen bei Weitem nicht den tatsächlichen Bedarf der Konsumenten decken. Das bedeutet nach den Worten von Schaefer: «Wer Cannabis konsumieren will, beschafft es sich weiterhin auf dem illegalen Markt.» Allerdings lasse sich der gewerbsmäßige illegale Handel nun noch schwer nachweisen, weil der Besitz legalisiert worden sei.

Fast 100 Bußgeldbescheide

Die Polizei hat seit der Teillegalisierung nicht weniger als vorher zu tun. Insbesondere die Einhaltung der zulässigen Cannabis-Mengen und der Schutzzonen zu überwachen, beschert den Beamten viel Arbeit.

Bis Mitte März wurden in Hamburg 97 Bußgeldbescheide wegen Ordnungswidrigkeiten erlassen. In den meisten Fällen konsumierten die Betroffenen Marihuana oder Haschisch in der Nähe von Schulen oder Kinderspielplätzen oder hatten etwas mehr als die erlaubten 25 Gramm bei sich.

Bis 30 Gramm gilt das noch als Ordnungswidrigkeit. Liegt die Menge darüber, ist es eine Straftat. Die Bußgeldstelle der Innenbehörde kassierte insgesamt 12.251 Euro.

Mehr Personal und erhebliche Kosten durch Teillegalisierung 

Für die Umsetzung des Konsumcannabisgesetzes benötigt Hamburg zusätzliches Personal: Allein für das laufende Jahr hat der Senat im Haushalt 1,7 Millionen Euro veranschlagt, mit denen mehr als 23 Stellen bei Innen- und Justizbehörde sowie im Bezirksamt Altona finanziert werden sollen. Außerdem wird mit jährlichen Sachkosten in Höhe von knapp 400.000 Euro geplant – etwa für die Miete zusätzlicher Räumlichkeiten.

Bis Februar waren nach Senatsangaben schon fast zwei Drittel der Stellen besetzt oder in der Besetzung. «Darüber hinaus haben die bisherigen Fallzahlen es nicht erforderlich gemacht, im Bereich der Bußgeldstelle der Behörde für Inneres und Sport zusätzliche Stellen auszuschreiben», heißt es in einer Antwort auf eine Schriftliche Kleine Anfrage der CDU aus dem Februar. Dort waren vier Stellen vorgesehen. Von den 10,5 Soll-Stellen beim Bezirksamt Altona waren den Angaben zufolge 6,5 besetzt.

Noch keine Einsparungen durch neues Gesetz absehbar 

Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang durch das neue Gesetz bei den Strafverfolgungsbehörden und der Justiz auch Einsparungen entstehen, konnte der Senat «auch im Wege der Schätzung nicht belastbar» sagen.

Das Bundesgesundheitsministerium war im Gesetzgebungsverfahren von einer Kosteneinsparung von bundesweit mehr als einer Milliarde Euro pro Jahr ausgegangen – davon 800 Millionen bei den Strafverfolgungsbehörden, 220 Millionen bei Gerichten und 35 Millionen bei den Justizvollzugseinrichtungen.