Hamburg (dpa/lno) – Schnellere Genehmigungen und erleichtertes Bauen im Bestand – auch für die Umnutzung von Gewerbe- in Wohnraum: Das sieht die Neufassung der Hamburgischen Bauordnung vor, der der rot-grüne Senat zugestimmt hat. Sie soll das Bauen in Hamburg künftig einfacher und vor allem schneller machen, wie Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein (SPD) im Anschluss sagte. Dazu würden auch viele Hamburger Regelungen an die bundesweit geltende Musterbauordnung angepasst.
Einfamilien-, Doppel-, Reihen- oder kleinere Mehrfamilienhäuser sollen künftig vom Genehmigungsverfahren freigestellt werden, sofern sie in einem vom Bebauungsplan vorgesehenen Bereich liegen und das Baurecht eingehalten wird. Eine Bauanzeige soll reichen – einen Monat später darf dann gebaut werden. Eine Baugenehmigung soll nicht mehr nötig sein.
Schlankeres Genehmigungsverfahren für große Bauvorhaben
Nur große Mehrfamilienhäuser oder Bauten in besonderen Lagen – etwa dort, wo eine städtebauliche Erhaltungsverordnung gilt –, sollen weiterhin im sogenannten vereinfachten Verfahren mit zweimonatiger Frist genehmigt werden. Bauherren großer Gewerbe- oder Sonderbauten wie Hochhäuser sollen künftig ein schlankeres Genehmigungsverfahren wählen können.
Wärmepumpen, E-Auto-Ladestationen und Balkonkraftwerke genehmigungsfrei
Bei der Umwandlung von Büros in Wohnungen soll künftig nicht mehr zwingend der Neubaustandard gelten und der Bestandsschutz ausgeweitet werden. Zudem sollen neue Bauformen nach dem experimentellen Gebäudetyp E genehmigt werden können, wenn sie nicht alle Bauvorschriften einhalten.
Auch die Pflicht zur Schaffung von Auto-Stellflächen soll künftig wegfallen und durch einen sogenannten Mobilitätsnachweis ersetzt werden. Darin soll jedes Grundstück im Hinblick auf die Mobilitätsbedürfnisse seiner Bewohner individuell berücksichtigt werden.
«Schnelleres Bauen heißt günstigeres Bauen», sagte Pein. Dazu sollen künftig auch Wärmepumpen, Ladestationen für E-Autos und Balkonkraftwerke ganz ohne Genehmigung auskommen. «Das spart den Menschen Zeit und Kosten.»
Anfang 2026 könnte die Neufassung gelten
Zunächst muss sich nun die Bürgerschaft mit den Senatsplänen befassen. Stimmt sie zu, muss die Neufassung der Bauordnung noch an bestehende Vorschriften angepasst werden, was laut Pein einige Zeit in Anspruch nehmen dürfte. In Kraft treten soll sie Anfang 2026.
Der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) begrüßte die Pläne. Die Novelle zeige, «dass der Senat die Probleme der ausufernden Bürokratie verstanden hat», sagte Direktor Andreas Breitner. «Ausdrücklich begrüßen wir, dass der Bestandsschutz für Gebäude bei einem Umbau oder einer Nutzungsänderung ausgeweitet wird.» Ob dadurch in erheblichem Umfang Büros zu Wohnungen umfunktioniert werden, bleibe aber abzuwarten.
Auch die privaten Immobilien- und Wohnungsunternehmen sprachen von einem Schritt in die richtige Richtung. Allerdings wünsche man sich noch mehr Mut, sagte der Vorstandsvorsitzende des Landesverbands Nord des Bundesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW), Kay Brahmst. «Dringend notwendig wäre zum Beispiel eine Verpflichtung der Behörden, die Vollständigkeit der eingereichten Unterlagen unverzüglich zu prüfen und fehlende Unterlagen nötigenfalls konkret, einmalig und abschließend nachzufordern.»
Kritik der Opposition in der Bürgerschaft
Die Stadtentwicklungsexpertin der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Anke Frieling, monierte, dass der Wohnungsbau in Hamburg unter Rot-Grün faktisch zum Erliegen gekommen sei. «In der Not kommt der Hamburger Senat nun viel später als andere Bundesländer mit einer Novellierung der Hamburgischen Bauordnung um die Ecke.» Die sei zwar grundsätzlich begrüßenswert. «Ob diese nun zu einer Beschleunigung der Genehmigungsverfahren führt, ist jedoch völlig offen.»
Die AfD kritisierte das in Novelle ebenfalls vorgesehene Verbot sogenannter Schottergärten als zusätzliche Drangsalierung. «Die Behörde kann jederzeit den Bau von Stellplätzen untersagen, auch wenn der Bauherr dies wünscht», sagte Fraktionsvize Alexander Wolf. «Nur der komplette Wegfall der ideologisch bedingten völlig überzogenen energetischen Vorgaben ist zielführend.»
Die FDP-Landesvorsitzende Katarina Blume sieht durch den geplanten Mobilitätsnachweis anstelle der Pflicht zum Bau von Parkplätzen eine Gefahr. «Dieser dirigistische Eingriff in das Mobilitätsverhalten der Bürger wird sich nachteilig auf den Parkdruck im öffentlichen Raum auswirken», warnte sie. «Bei dieser Neuregelung hat die Ideologie den Sachverstand offenbar übertrumpft.»