
Hamburg (dpa) – Die SPD hat die Bürgerschaftswahl in Hamburg klar gewonnen. Nach Auszählung aller Zweitstimmen in den 1.972 Wahlgebieten kommen die Sozialdemokraten auf 33,5 Prozent. Dahinter tauschten CDU und Grüne die Plätze: Auf Platz zwei liegt nun die CDU mit 19,8 Prozent und auf Platz drei die Grünen mit 18,5 Prozent. Die AfD blieb hinter ihren Umfragewerten zurück.
Trotz Stimmenverlusten – SPD und Grüne verloren im Vergleich zur Wahl vor fünf Jahren jeweils 5,7 Punkte – können sie ihr seit 2015 laufendes Regierungsbündnis fortsetzen. Der Wahlsieger SPD könnte aber auch mit der CDU koalieren, der 8,6 Punkte hinzugewonnen hat. Doch Tschentscher hat bereits vor der Wahl gesagt, dass er Rot-Grün vorziehe.
In der 23. Bürgerschaft würde sich die Sitzverteilung nach den vorläufigen Zahlen so ergeben: SPD 45, CDU 26, Grüne 25, Linke 15 und AfD 10 Sitze.
Tschentscher: Werde als Erstes mit den Grünen sprechen
Tschentscher sagte, er werde zuerst mit seinem bisherigen Koalitionspartner sprechen. «Wir werden als Erstes mit den Grünen sprechen und hoffen, dass wir dort eine klare Vereinbarung darüber bekommen, wie es dann in Hamburg weitergehen soll», sagte er im ZDF. «Aber wir werden auch mit der CDU sprechen.» Das habe man auch vor fünf Jahren getan.
Bei der Wahlparty der SPD sprach Tschentscher von einem großartigen Wahlkampf der Sozialdemokraten. «Wir wussten, dass es schwer wird, über die Hamburger Themen, über unsere Stadt zu sprechen, wenn ganz Deutschland in Aufregung ist.» Doch trotz des schlechten Ergebnisses bei der Bundestagswahl, wo die SPD in der Hansestadt nur auf 22,7 Prozent kam, lägen die Sozialdemokraten nun bei der Bürgerschaftswahl mit Abstand vor den anderen Parteien.
Glückwünsche auch von Kanzler Scholz
Glückwünsche kamen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der von 2011 bis 2018 selbst Bürgermeister in Hamburg war. «Hamburg bleibt in guten Händen. Gut, dass du deine Arbeit zum Wohle Hamburgs fortsetzen kannst», schrieb Scholz auf X.
Auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident und CDU-Chef Daniel Günther gratulierte. Für Schleswig-Holstein sei eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Hamburg von großer Bedeutung. «Der Norden lebt von einer starken Partnerschaft.»
Zufrieden zeigte sich auch die Grünen-Spitzenkandidatin und Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank. Trotz der Verluste wertete sie die Wahl als Erfolg für die Grünen. Sie hätten sich «aus dieser kleinen Delle offenbar wieder rausgekämpft», sagte sie mit Blick auf Umfragewerte in den vergangenen Wochen. «Das freut mich richtig, dass Hamburg politisch sowas von stabil ist.»
Ihr sei nach der Verkündung der ersten Prognosen eine große Last von den Schultern gefallen, sagte Fegebank. «Ich bin einfach nur so dankbar, dass ich euch in diesen Wahlkampf führen durfte», sagte sie zu ihren Parteifreunden. «Es war so brutal, gerade in den letzten zwei Wochen. Ihr habt gestanden, wir haben gestanden.»
CDU kann miserables Ergebnis von 2020 ausbügeln
Die CDU konnte ihr mit 11,2 Prozent historisch schlechtestes Ergebnis von 2020 ausbügeln. CDU-Spitzenkandidat Dennis Thering betonte die Bereitschaft seiner Partei zu einem rot-schwarzen Bündnis. «Wir stehen für eine stabile Regierung mit positiven Veränderungen vor allem in den Bereichen Sicherheit, Wirtschaft und Verkehr zur Verfügung.» Eine Koalition aus SPD und CDU erleichtere und stärke Hamburgs Position im Bund, sagte der CDU-Chef.
Die Linke kann ebenfalls zulegen, sie kommt auf 11,2 Prozent – nach 9,1 Prozent vor fünf Jahren. «Wir sind mit so vielen Abgeordneten in der Bürgerschaft vertreten, das heißt, wir werden noch stärker nerven, wir werden noch stärker kämpfen», sagte die Spitzenkandidatin Cansu Özdemir bei der Wahlparty ihrer Partei.
Erstarkt geht auch die AfD aus der Wahl hervor – allerdings bekommt sie deutlich geringeren Zuspruch als in Umfragen vorhergesagt. Sie kam dem vorläufigen Ergebnis zufolge auf 7,5 Prozent – nach 5,3 Prozent bei der Wahl 2020.
Tschentscher: Geringer AfD-Zuwachs großartige Botschaft
Tschentscher sagte, es sei eine großartige Botschaft, «dass uns die Schlechtgelaunten aus der rechten Ecke vom Hals gehalten wurden in Hamburg». Das strahle hoffentlich auf ganz Deutschland aus.
AfD-Spitzenkandidat Dirk Nockemann wertete das Ergebnis seiner Partei dagegen als Erfolg: «Wir sind überhaupt nicht frustriert.» Dass die AfD in Hamburg wohl nur leicht dazu gewinnen dürfte, führte er auf Umstände wie «medialen Gegenwind» zurück.
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), FDP und Volt scheiterten deutlich an der Fünf-Prozent-Hürde. Sie kamen auf den Angaben zufolge auf 1,8 sowie 2,3 und 3,3 Prozent. Die Abstimmung in der Hansestadt war nach derzeitigem Stand die einzige Wahl auf Landesebene in diesem Jahr.
Rund 1,3 Millionen Hamburger waren wahlberechtigt
Insgesamt waren rund 1,3 Millionen Hamburgerinnen und Hamburger ab 16 Jahren wahlberechtigt. Das Landesparlament hat regulär 121 Sitze, die Zahl kann aber durch Überhang- und Ausgleichsmandate sowie erfolgreiche Einzelbewerber steigen.
Landespolitische Themen bestimmten den Wahlkampf, insbesondere die Verkehrsprobleme in der Stadt und der Wohnungsbau angesichts des Mangels an bezahlbarem Wohnraum. Daneben spielten auch die Migration und die Ankurbelung der durch den Hafen geprägten Wirtschaft eine wichtige Rolle.
SPD-Regierungschef Tschentscher steht seit 2018 an der Spitze des Senats. Damals war der heute 59-Jährige noch relativ unbekannt in der Hansestadt und stand im Schatten seines Vorgängers Scholz, der damals ins Finanzministerium nach Berlin wechselte. Die Scholz-Jahre in Hamburg waren goldene Jahre für die Sozialdemokraten, von 2011 bis 2015 reichte es sogar für eine Alleinregierung.
Die Wahlbeteiligung lag laut Landeswahlleiter bei 67,7 Prozent – nach 63,0 Prozent vor fünf Jahren. Da zunächst nur die auf die Parteien entfallenen Stimmen der Landeslisten ausgezählt wurden, kann sich an der Sitzverteilung noch etwas ändern. Erst nach der am Montagmorgen beginnenden Auszählung der Wahlkreislisten wird klar, ob es Überhang- und Ausgleichsmandate geben wird.
Außerdem können im Rahmen der sogenannten Heilungsregelung am Montag auch formell ungültige Stimmen noch für gültig erklärt werden, was sich wiederum auf das Ergebnis auswirken könnte. Das vorläufige amtliche Endergebnis wird für Montagabend erwartet.