Hamburg (dpa/lno) – Knapp 20 Jahre nach ihrem Verkauf bringt die Stadt Hamburg die Pflegeeinrichtungen der Pflegen und Wohnen (P&W) und die dazugehörigen Immobilien zurück in öffentliche Hand. Dazu gab der Senat grünes Licht.
«Die Möglichkeit, die ehemaligen städtischen Pflegeeinrichtungen der Pflegen und Wohnen Hamburg GmbH mit 2.400 Pflegeplätzen einschließlich der zugehörigen Immobilien zu erwerben, bietet der Stadt die Chance, wieder zu einem eigenständigen Akteur im Bereich der stationären Pflege zu werden», sagte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD).
Der Kaufpreis für die 13 Pflegeheimstandorte mit rund 2.000 Mitarbeitern, die derzeit von der Deutsche Wohnen Immobiliengesellschaft betrieben werden, beträgt den Angaben zufolge 380 Millionen Euro. Der Kauf erfolgt über die städtische Konzernholding HGV.
Rückkauf soll Pflegeplätze in Hamburg langfristig sichern
Ziel sei es, die Versorgung mit Pflegeplätzen in Hamburg langfristig zu sichern und zu stärken. «Der Bedarf an stationären Pflegeplätzen ist hoch und wird in Zukunft weiter steigen», sagte Tschentscher.
Hintergrund ist auch die Sorge des Senats, dass private Investoren die P&W-Einrichtungen künftig übernehmen und Pflegekapazitäten abbauen könnten. Bei der Privatisierung 2007 war ein Veränderungsverbot vereinbart worden, das im kommenden Jahr ausläuft.
Pflegen und Wohnen soll auch in Zukunft wirtschaftlich arbeiten
P&W sei ein finanziell solide aufgestelltes Unternehmen, «das in Hamburg die Heime saniert und umfassend in sie investiert hat», sagte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD), zu dessen Behörde die HGV gehört. Auch in städtischer Hand solle der Betrieb weiter nach wirtschaftlichen Aspekten geführt werden. «Das Unternehmen ist in der Lage, sich selbst zu tragen und gleichzeitig in zukünftige Entwicklungen zu investieren», sagte er.
Sozial- und Gesundheitssenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD) verwies auf die Herausforderungen im Pflegebereich. Allein in den vergangenen zwei Jahren seien in Hamburg 780 Pflegeplätze weggefallen – zumeist wegen Fachkräftemangels. Mit der Übernahme durch die Stadt würden nicht nur Pflegekapazitäten, sondern auch 2.000 tariflich bezahlte Arbeitsplätze erhalten.
Stadt will mit P&W-Pflegeangebote ausweiten
In Hamburger Einrichtungen gibt es laut Senat aktuell insgesamt rund 15.700 Pflegeplätze. Knapp die Hälfte davon wird von konfessionellen oder karitativen Trägern betrieben, der Rest von privaten Anbietern – P&W ist dabei der größte.
Besondere Pflegeleistungen wie für Wachkomapatienten gebe es derzeit nur dort, sagte Schlotzhauer. Die Stadt wolle auch deshalb dieses breite und spezialpflegerische Angebot fortführen. «Und wir werden die Chance nutzen, innovative, sektorenübergreifende Versorgungskonzepte zum Wohle der Pflegebedürftigen zu entwickeln.» So sollen etwa Kurzpflegeangebote ausgeweitet werden.
Neben der Stadt gab es noch andere Interessenten
Der Beschluss des Wohnungsunternehmens Vonovia und der ihm mehrheitlich gehörenden Deutsche Wohnen, sich von der Pflegesparte zu trennen, sei bereits vor zwei Jahren gefallen, sagte Deutsche-Wohnen-CEO Lars Urbansky. Anfänglich habe man mit mehreren Interessenten gesprochen, seit November vergangenen Jahres nur noch mit der Stadt.
«Für die Deutsche Wohnen ist es wichtig, dass wir die Pflegen & Wohnen Hamburg in gute Hände geben», sagte Urbansky. Dies sein nun gelungen. «Wir übergeben ein wirtschaftlich gesundes Unternehmen mit einer starken Substanz an einen verantwortungsvoll agierenden neuen Eigentümer. Der Pflegebetrieb wird in gewohnt hoher Qualität weitergeführt.»
Der fertig ausgehandelte Kaufvertrag soll Ende der Woche unterzeichnet werden, die Bürgerschaft dem Rückkauf noch vor der Hamburg-Wahl am 2. März zustimmen. Die Übertragung soll nach Angaben Schlotzhauers zum 30. Juni, spätestens aber zum 30. September vollzogen werden.
Unterschiedliche Reaktionen bei der Opposition
Die Reaktionen bei der Opposition in der Bürgerschaft fielen unterschiedlich aus. Für Thilo Kleibauer, Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion für öffentliche Unternehmen, sind viele Fragen offen – etwa zur Angemessenheit des Kaufpreises, zum Übernahmeprozess und zur künftigen Struktur. «Diese müssen jetzt seriös vom Parlament bewertet werden», sagte er. «Vorerst drängt sich der Eindruck eines teuren Wahlkampfmanövers auf.»
Für die Linken war der Rückkauf hingegen längst überfällig. «Pflege ist Daseinsvorsorge und gehört in die öffentliche Hand», sagte der Gesundheitsexperte der Fraktion, Deniz Celik. «Sie hätte niemals mit der Privatisierung von Pflegen und Wohnen 2007 renditeorientierten Konzernen überlassen werden dürfen.» Bereits 2017 habe die Linke den Rückkauf in der Bürgerschaft gefordert – damals ohne Erfolg.