Hamburg/Rostock (dpa) – Nach Recherchen der Umweltschutzorganisation Greenpeace transportieren weltweit 192 marode Tanker russisches Rohöl. 171 Schiffe davon seien in den vergangenen zwei Jahren einmal oder öfter durch die deutsche Ostsee und das Seegebiet der Schifffahrtsroute Kadetrinne in der Mecklenburger Bucht gefahren.
Die Tanker seien überaltert, viele wiesen technische Mängel auf, hätten zeitweise ihr automatisches Identifizierungssystem abgeschaltet oder Ladung auf See an andere Tanker übergeben. Das sei ein besonders riskantes Manöver, teilte Greenpeace mit. Die aufgeführten 192 Schiffe seien die gefährlichsten Öltanker der sogenannten russischen Schattenflotte.
Zudem stünden die Tanker bislang auf keiner Sanktionsliste. Greenpeace warnte, bei einer Havarie in der Kadetrinne nordöstlich der Mecklenburger Bucht wäre die gesamte deutsche Ostseeküste in Gefahr. Alle Tanker seien unzureichend gegen die Folgen einer Ölpest versichert.
Zwei bis drei Öltanker pro Tag
«Diese Schrott-Tanker müssen als Erstes auf die EU-Sanktionsliste», fordert Thilo Maack, Meeresbiologe von Greenpeace. «Die Bundesregierung muss schnell handeln und eine drohende Katastrophe verhindern.» Auf der Liste von Greenpeace stehen unterschiedliche Schiffstypen mit einer Länge von 183 bis 275 Metern. Das älteste Schiff ist 27, das jüngste 16 Jahre alt.
Im September hatte Greenpeace eine Datenrecherche veröffentlicht, wonach seit Januar 2021 die Fahrten der aus Russland auslaufender Rohöltanker in der Ostsee um 70 Prozent zugenommen haben. Ein Jahr nach dem Beginn von Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine hätten 2023 knapp 1.000 mit Öl beladene Tanker aus Russland die Ostseeküste westwärts passiert. Das seien durchschnittlich zwei bis drei Schiffe pro Tag. Hauptabnehmer seien Indien und China.
Russland wird bereits seit langem vorgeworfen, zur Umgehung eines westlichen Preisdeckels für russische Ölexporte in Drittstaaten auf Schiffe zu setzen, die nicht in Hand westlicher Reedereien sind oder nicht von westlichen Versicherungen versichert wurden. Der Preisdeckel war zusammen mit einem weitgehenden Importverbot für russisches Öl in die EU in Kraft getreten.
Der aus acht Anrainerstaaten bestehende Ostseerat hatte in diesem Jahr gegen die Schattenflotte entschlossene Maßnahmen einschließlich der Verschärfung von Sanktionen gefordert.