Hamburg/Berlin (dpa/lno) – Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hat den unionsgeführten Ländern vorgeworfen, für Deutschland wichtige Entscheidungen für Wirtschaft und Sicherheit aus wahltaktischen Gründen zu blockieren. Das gelte sowohl für den biometrische Datenabgleich zur Kriminalitäts- und Terrorbekämpfung als auch für eine Entlastung der Industrie von hohen Energiekosten, sagte er nach der Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin.
«Es gibt damit weiterhin – trotz zunehmender staatsfeindlicher und islamistischer Aktivitäten – in Deutschland keine Möglichkeit der Polizei, Bilder aus Überwachungskameras für die Identifikation schwerer Straftäter einzusetzen.» Zudem hätten die unionsgeführten Länder erneut einen «dringend erforderlichen Beschluss zur Entlastung der Industrie von zu hohen Energie- und Netzentgeltkosten verhindert», sagte der Bürgermeister.
Mit den Entscheidungen dürfe nicht bis zur Neuwahl des Bundestags und Bildung einer neuen Regierung gewartet werden. «Die Automobilindustrie ist bereits in einer schweren Krise. Die Grundstoffindustrie ist ebenfalls unter großem Wettbewerbsdruck», mahnte Tschentscher.
Tschentscher lobt Staatsvertrag für digitale Verwaltung
Als positives Ergebnis der Konferenz hob er den Beschluss zu einem Bund-Länder-Staatsvertrag hervor, der auf eine Hamburger Initiative zurückgehe und die Digitalisierung der Verwaltung beschleunigen solle. Hamburg sei bereits mehrfach als «smarteste Stadt Deutschlands» ausgezeichnet worden. «Wenn es um den Datenaustausch mit anderen Ländern geht, stoßen wir aber bisher an Grenzen.» Der Staatsvertrag bilde nun die Grundlage für eine übergreifende Vernetzung der IT-Systeme, «sodass Daten über die Ländergrenzen hinaus sicher und effizient übermittelt werden können».
Mit dem Vertrag, der noch von Bund und Ländern unterzeichnet und den jeweiligen Parlamenten ratifiziert werden müsse, werde Bürokratie abgebaut, die Ausweitung digitaler Dienstleistungen des Staates beschleunigt und der Service für Bürgerinnen und Bürger sowie für Unternehmen verbessert.
Start- und Landerechte für internationale Flüge waren Thema
Zudem habe sich eine Mehrheit der Länder der Hamburger Position angeschlossen, dass Fluggesellschaften in Deutschland leichter Start- und Landerechte für Langstreckenverbindungen erhalten sollen.
Derzeit würden Interkontinentalflüge von der Lufthansa fast ausschließlich über München und Frankfurt abgewickelt. «Flughäfen wie Berlin oder Hamburg werden damit von Direktflugverbindungen nach Asien, in die Vereinigten Staaten oder Südamerika abgeschnitten», sagte Tschentscher.«Das ist ein Standortnachteil für unsere Wirtschaft und führt zu unnötigen, zeitaufwendigen, teuren und klimabelastenden Zubringerflügen.»
Mit dem Beschluss der MPK werde die Bundesregierung aufgefordert, regulatorische Hürden abzubauen, «damit leistungsfähige Flughäfen wie Hamburg oder Berlin-Brandenburg gegenüber Frankfurt und München nicht weiterhin systematisch benachteiligt werden», sagte er.