Hamburg (dpa/lno) – Hamburgs Verfassungsschutz hat angesichts der anstehenden Bundestags- und Bürgerschaftswahl vor einer politischen Einflussnahme durch fremde Staaten gewarnt. «Illegitime Einflussaktivitäten sind klassische Betätigungsfelder ausländischer Nachrichtendienste», heißt es in einem Schreiben von Verfassungsschutzchef Torsten Voß an die Bürgerschaftsabgeordneten, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Sie zielten darauf ab, im Verborgenen und unter Vortäuschung falscher Tatsachen Einfluss auf Entscheidungs- und Funktionsträger in anderen Staaten auszuüben, aber auch auf den freien Meinungs- und Willensbildungsprozess einzuwirken.
«Zudem sollen derartige Einflussaktivitäten negativ auf das Vertrauen der Bevölkerung in die Stabilität und Integrität der Institutionen einwirken», schrieb Voß. Damit sollten indirekt Mechanismen des demokratischen Verfassungsstaats infrage gestellt, dessen Werte und Überzeugungen geschwächt und die Einbindung Deutschlands in EU und Nato untergraben werden. Die Bundestagswahl findet am 23. Februar statt, die Bürgerschaftswahl eine Woche später am 2. März. Zuvor hatte das «Hamburger Abendblatt» berichtet.
Besorgniserregende Techniken wie Deepfakes und Desinformation
Voß sprach von besorgniserregenden Techniken wie Deepfakes, Desinformation und Ghostwriting, um im Hintergrund Einfluss auf politische Debatten und öffentliche Diskurse zu nehmen. Desinformation habe sich als eine der größten Bedrohungen für die Integrität demokratischer Wahlen herausgestellt. «Die Verbreitung gezielt falscher Informationen über soziale Medien und andere Kanäle kann Wähler irreführen und das Vertrauen in den Wahlprozess untergraben», warnte der Verfassungsschutzchef.
Desinformationskampagnen würden zunehmend durch Cyberangriffe unterstützt. Insbesondere die russischen Cybergruppierungen «APT 28» und «Ghostwriter» seien im Umfeld von Wahlen in der Vergangenheit besonders aktiv gewesen. Problematisch seien auch die immer besser werdenden Deepfakes, also gefälschte, aber extrem glaubwürdige Videos oder Audioaufnahmen. «Solche Fälschungen könnten gezielt eingesetzt werden, um Kandidaten zu diskreditieren und das Vertrauen der Wähler zu erschüttern.»
Illegitimer Einfluss auch auf herkömmlichem Weg möglich
Illegitimer Einfluss auf den politischen Raum könne aber auch auf herkömmlichem Wege genommen werden. «Bilaterale Gesprächskanäle, politische Thinktanks, Partnerschaftsvereine sowie Akteure aus der Wirtschaft und Wissenschaft können Narrative und politische Forderungen verbreiten, die im Einklang mit strategischen Einflussnahmeversuchen fremder Mächte auf die deutsche Politik stehen», betonte Voß.
Voß ermahnte die Abgeordneten, Informationen aus nicht verifizierten Quellen nicht ungeprüft weiterzuleiten, Faktenchecks zu nutzen und die Absender von Nachrichten zu überprüfen. «Prüfen Sie Gesprächsangebote von Ihnen unbekannten Akteuren kritisch, etwa auf Zugehörigkeit zu einer tatsächlich existierenden Institution.» Lasse sich die Authentizität des Gegenübers nicht eindeutig verifizieren, sollten die Abgeordneten keine Informationen übermitteln und auch auf Video- oder Telefongespräche verzichten.