
Schleswig (dpa/lno) – Die Zahl der Asylverfahren vor dem Verwaltungsgericht (VG) und dem Oberverwaltungsgericht (OVG) in Schleswig-Holstein hat erneut deutlich zugenommen. Insgesamt seien am VG vergangenes Jahr 3.867 Asylverfahren eingegangen, sagte der Präsident des Verwaltungsgerichts, Malte Sievers, in Schleswig. Das sind 28,3 Prozent mehr als 2023.
Die Asylverfahren machten am Verwaltungsgericht demnach mehr als die Hälfte aller Verfahrenseingänge im vergangenen Jahr aus. Und der Trend setzte sich im laufenden Jahr fort. So gingen den Angaben zufolge allein im ersten Quartal 2025 bereits 1.890 neue Asylverfahren ein. Auch am Oberverwaltungsgericht hatten Verfahren im Asylrecht mit gut 40 Prozent im vergangenen Jahr den größten Anteil an den Neueingängen.
Gerichte suchen dringend neue Richterinnen und Richter
Sievers und OVG-Präsidentin Maren Thomsen zeigten sich insbesondere vor dem Hintergrund offener Richterstellen durch den Fachkräftemangel besorgt über die steigenden Eingangszahlen. Insgesamt seien an den beiden Gerichten rund 14 Richterstellen unbesetzt. Thomsen und Sievers hofften sehr, dass das Ministerium die offenen Stellen zeitnah nachbesetzen kann. Dies sei dringend notwendig, um die vielen Verfahren zeitnah zu bearbeiten.
Denn die deutliche personelle Unterdeckung bei gleichzeitig gestiegenen Eingangszahlen wirkt sich am Verwaltungsgericht aus: Die Bestandszahlen sind den Gerichtsangaben zufolge um 274 auf 2.941 Verfahren gestiegen, obwohl im vergangenen Jahr mehr Verfahren erledigt worden sind als im Vorjahr. Das sei ein unschönes Gefühl, sagte Sievers.
Aufgrund der deutlich besseren Personalausstattung konnten die Bestände am OVG leicht von 1.098 auf 1.063 Verfahren gesenkt werden. Dennoch wirke sich die zwischenzeitliche personelle Unterdeckung strukturell fort. Hinzu kommt demnach, dass die Verfahren, für die das Oberverwaltungsgericht erstinstanzlich zuständig ist, häufig besonders aufwendig sind, weil sie zum Beispiel wichtige Infrastrukturvorhaben betreffen.
Durchschnittliche Verfahrensdauer sinkt
Die durchschnittliche Verfahrensdauer konnte an beiden Gerichten weiter gesenkt werden. Am Verwaltungsgericht betrug sie im vergangenen Jahr 11,6 Monate, nach 14,7 Monaten im Jahr zuvor. Am Oberverwaltungsgericht sank die durchschnittliche Verfahrensdauer von 18,3 Monaten im Jahr 2023 auf 17,1 im vergangenen Jahr. Dies liegt auch daran, dass die Senate mit der Abarbeitung von Altfällen vorankamen, was sich deutlich auf die Statistik auswirkt.
Wirklich zufrieden sind Thomsen und Sievers mit den Zahlen allerdings nicht. Die langen Verfahrensdauern seien sowohl die Bürgerinnen und Bürger eigentlich nicht zumutbar und auch für die Richterinnen und Richter bedrückend, finden sie.