Zwei Täter nach Messerstichen in U-Bahnstation verurteilt

Die Angeklagten halten sich vor Beginn des Prozesstages Dokumente vor das Gesicht.
Die Angeklagten halten sich vor Beginn des Prozesstages Dokumente vor das Gesicht. Foto: David Hammersen/dpa

Hamburg (dpa/lno) – Nach einem beinahe tödlichen Angriff auf einen Mann in einer Hamburger U-Bahnstation sind die zwei Täter zu Gefängnisstrafen verurteilt worden. Das bestätigte die Sprecherin des Hamburger Landgerichts auf Nachfrage. Das Gericht verurteilte die Täter, die mutmaßlich 19 und 22 Jahre alt sind, wegen gefährlicher Körperverletzung zu Freiheitsstrafen von zwei Jahren und neun Monaten sowie drei Jahren und zwei Monaten. 

Verfolgungsjagd über den Bahnsteig

Zu dem Angriff in der U-Bahnstation Hauptbahnhof Nord kam es in der Nacht zum 12. Mai vergangenen Jahres. Über die Tat hatte die Hamburger Polizei nach eigenen Angaben nicht berichtet. Die Männer attackierten den ihnen bekannten Mann am Bahnsteig eins, an dem die U2 und die U4 Richtung Osten verkehren.

Laut Anklage wehrte sich das Opfer und flüchtete über den Bahnsteig. Die Täter verfolgten den Mann, der mutmaßlich vor oder auf einer Rolltreppe stürzte. Die Täter stachen auf ihn ein und besprühten ihn mit Pfefferspray. 

Eine Notoperation rettete dem Verletzten das Leben. Nach Angaben der Staatsanwältin war er so tief an Magen und Leber verletzt, dass anderthalb Liter Blut in den Bauchraum liefen. 

Zwei Tage nach der Tat soll einer der Angeklagten den Bruder des Opfers in einer Flüchtlingsunterkunft angerufen und ihm gedroht haben: «Was ich deinem Bruder angetan habe, werde ich auch dir antun.» 

Wende vor dem Urteil 

Ein wichtiger Aspekt: Während des Angriffs ließen die Täter von dem Opfer ab. Warum sie das taten, blieb auch im Verfahren unklar. Es könne nicht geklärt werden, sagte die Staatsanwältin während des Plädoyers. Es müsse davon ausgegangen werden, dass sie freiwillig von dem Mann abließen.

Angesichts dessen ließ die Staatsanwaltschaft den Vorwurf des versuchten Mordes fallen. Im Plädoyer forderte die Staatsanwältin, der wohl 19-jährige Libyer solle mit einer Freiheitsstrafe von drei Jahren bestraft werden. Im Fall des 22-jährigen Tunesiers forderte sie drei Jahre und sechs Monate.

Die Verteidigerin des mutmaßlich 19-Jährigen forderte im Plädoyer eine Jugend- oder nicht näher definierte Bewährungsstrafe. Der Verteidiger des anderen Angeklagten sprach sich für eine Freiheitsstrafe aus, die so ausfalle, dass sie schon verbüßt sei. 

Vom Freund zum Feind 

Anfang 2024 seien Täter und das spätere Opfer noch befreundet gewesen. Die Gruppe habe gemeinsam Silvester auf der Reeperbahn gefeiert. Später sei es zum Streit gekommen. Bereits vor der Tat habe es am 17. April 2024 eine körperliche Auseinandersetzung am Hauptbahnhof gegeben, die erst mit Einschreiten der Polizei endete.

Kurz darauf wurde bei einem der Angeklagten eingebrochen. War das Vergeltung? Die Frage blieb ungeklärt. Die Staatsanwältin mutmaßte, Drogengeschäfte könnten zum Konflikt geführt haben. 

Angeklagter verstrickt sich in Widersprüche

Die Angeklagten sollen laut Staatsanwältin ohne Aufenthaltsrecht in Deutschland sein. Am Morgen des vorerst letzten Prozesstages versuchte der Vorsitzende Richter, mehr über das Leben des wohl 19-Jährigen herausfinden.

Während der Befragung verstrickte sich der Mann in Widersprüche. Vermutlich reiste er über die Türkei nach Italien. Später war er in Frankreich. Dort besuchte er eine Schule, musste aber auch ins Gefängnis, wie aus Dokumenten hervorging. In Deutschland soll er seit etwa Sommer 2023 sein.